© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/21 / 29. Oktober 2021

Mission ist keine Delta-Variante des Kolonialismus
Humanitär-kulturelle Sendung erfüllt
(ob)

Ausgelöst durch die „Black Lives Matter“-Hysterie, diskutieren die ehemaligen „Volkskirchen“ in Deutschland, ob christliche Mission nur eine andere Form von Kolonialismus gewesen sei und womöglich noch ist. Für den radikal „einfache Lösungen“ für so schwierige Fragen bevorzugenden, am lautesten vor allem gegen „deutsche Kolonialschuld“ trommelnden Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer steht jedenfalls fest, daß da eine „Symbiose“ bestand. Daß sich Christen im globalen Norden deswegen eher kein schlechtes Gewissen einreden lassen sollten, empfiehlt Anton Knuth von der Missionsakademie in Hamburg. Vom zeitlichen Zusammentreffen zwischen dem europäischen Ausgriff nach Übersee, Kolonialismus und Imperialismus direkt auf eine „inhaltliche Symbiose“ zu schließen, sei zumindest voreilig. Denn es waren nicht die Staatskirchen, die die Missionare und Diakonissen aussandten, sondern unabhängige Missionsgesellschaften, finanziert durch ein aufstrebendes Bürgertum. Sie teilten zwar das „Bewußtsein einer humanitär-kulturellen Sendung“ des Kolonialstaates, nutzten seine administrativen und ökonomischen Möglichkeiten aber, um gegen die Ausbeutung der Einheimischen durch weiße Siedler, gegen gesetzwidrigen Menschenhandel, Kopfjagd, Witwenverbrennung und Kannibalismus vorzugehen. Daher stünden Missionare, die auch heute sozial engagierten Verbreiter der Botschaft des Evangeliums seien, weiterhin in hohem Ansehen bei der lokalen Bevölkerung. Zudem war Mission nie eine Einbahnstraße. Denn in dem Maß, wie etwa Afrika sich christianisierte, sei das Christentum afrikanisch geworden (zeitzeichen, 10/2021). 


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