© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/21 / 29. Oktober 2021

Filmkritik Thunderbird – Schatten der Vergangenheit
Unbewältigte Traumata
Werner Olles

In der näheren Umgebung eines kleinen vom Fischfang lebenden Städtchens an der südwestlichen kanadischen Pazifikküste werden kurz hintereinander mehrere junge Frauen auf bestialische Weise ermordet aufgefunden. Als auch Sarah, die Schwester des Fischers William Brook (Colten Wilke), plötzlich verschwunden ist, fährt dieser in die Stadt, die er bereits vor vielen Jahren verlassen hat, um gemeinsam mit der ermittelnden Polizistin Ivy Seymour (Natalie Brown) die Suche nach seiner Schwester und dem mutmaßlichen Serienmörder aufzunehmen. Dabei kommt ihm immer wieder seine dunkle Vergangenheit, wegen der er die Stadt verlassen mußte und die ihm den Haß der indianischen Ureinwohner zuzog, in die Quere. Aber ist es überhaupt ein Serienkiller, der hier seine mörderischen Triebe austobt, oder sind es nicht eher längst vergessene dämonische Kulte, die sich jetzt einen Weg an die Oberfläche bahnen, um sich für erlittenen Mißbrauch, für Gewalt und Verbrechen zu rächen? Als auch William selbst in den Mittelpunkt der Ermittlungen hineingerissen wird und ein uralter indianischer Kult wieder auflebt, beginnen sich die verworrenen Fäden des unheimlichen und grausamen Geschehens langsam zu entwirren …

Nicholas Treeshins Mystery-Thriller „Thunderbird – Schatten der Vergangenheit“ („Thunderbird“, Kanada 2019) erzählt auf gleichsam analytische wie spekulative Weise die Geschichte eines tödlichen Geheimnisses, dessen Wurzeln in der Vergangenheit der Hauptperson verborgen liegen. Treeshin, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, verwebt dabei geschickt indianische Mythen mit bedächtigen Thriller-Elementen, ethischen und ethnischen Spannungen und unverarbeiteten traumatischen Erlebnissen seiner Figuren.  Dramaturgisch erschafft er dadurch eine dichte Atmosphäre aus Angst, Schrecken und Mystik, die am Ende den Zuschauer mit einem überwältigenden Bild einigermaßen ratlos zurückläßt. Wenn der Film dennoch spannende und intelligente Unterhaltung bietet, liegt dies vor allem an den verstörenden Szenen, die den Zustand eines Mannes und eines Volkes sichtbar werden lassen, die an einem unermeßlichen Verlust leiden. Zudem ist er trotz aller Düsternis von einem vorsichtigen optimistischen Grundton geprägt.

DVD/Blu-ray: Thunderbird – Schatten der Vergangenheit. Lighthouse Home Entertainment 2021, Laufzeit etwa 91 Minuten