© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/21 / 29. Oktober 2021

Stallfütterung oder Wächteramt
Schweizer Medien sollen höhere Zuschüsse erhalten: Dagegen formiert sich Widerstand und ein Referendum
Paul Leonhard

Papier und Strom werden teurer, und in Deutschland droht die Anhebung des Mindestlohns, was sich auf die Entlohnung der Zeitungsausträger auswirken wird. Das Modell der Abozeitung wird immer kostspieliger und die Konkurrenz durch die Öffentlich-Rechtlichen im Internet immer umfangreicher. Die Meinungsvielfalt sei in Gefahr, schallt es daher aus den Häusern der großen deutschen Medienkonzerne, und ein bestätigendes Echo kommt aus der Schweiz, wo die Familien Coninx (TX Group), Ringier (Blick) und Wanner (CH-Media) bisher prächtig am Verkauf von Nachrichten verdient haben. 

Aber ausgerechnet jene Branche, die sich als vierte Gewalt bezeichnet und dafür lobt, den Mächtigen in Politik und Wirtschaft auf die Finger zu schauen, ruft nach dem Staat. Zusätzliche 120 Millionen Franken jährlich sollen die privaten Pressevertreter sieben Jahre lang direkt oder indirekt erhalten. Schon heute kosten die privaten Medien den Schweizer Steuerzahler jedes Jahr insgesamt etwa 400 Millionen Franken, zusammen mit den SRG-Gebühren sogar 1,7 Milliarden. Darauf verweist die Initiative „Staatsmedien Nein“. Dieser ist es bis Anfang Oktober gelungen, weit mehr als die für ein Referendum erforderlichen 50.000 Unterstützerunterschriften zusammenzubekommen, so daß die Eidgenossen voraussichtlich am 13. Februar 2022 über die staatliche Medienförderung und das neue Zusatzpaket entscheiden.

„Dieser überwältigende Erfolg zeigt, daß das Volk auch nicht versteht, warum Medien-Milliardäre und gut situierte Verleger die nächsten sieben Jahre vom Steuerzahler gegen drei Milliarden Franken erhalten sollen“, schreiben die Initiatoren, zu denen Verleger, Unternehmer, Journalisten und 72 Parlamentarier gehören. Und die vor allem auf die Kooperation von TX Group und Ringier im Online-Geschäft verweisen: „Diese Milliardenkonzerne wären die Hauptprofiteure des neuen Mediensubventions-Gesetzes.“ Rückendeckung erhalten sie beispielsweise von SVP-Nationalrat Roger Köppel, Eigentümer der Weltwoche, der in der „politischen Hilfestellung“ etwas „für die Verleger Demütigendes“ sieht: „Es darf nicht sein, daß die Presse ihr unabhängiges Wächteramt verliert und sich – am Nasenring des Staates angebunden – einer bequemen Stallfütterung hingibt.“

Ganz anders sieht es das neugegründete Komitee „Die Meinungsfreiheit“, dem der Verlegerverband Schweizer Medien sowie Parlamentarier aus allen Fraktionen außer der SVP angehören und die „Ja zum Medienpaket“ fordern: „Die Medien sind für unsere direkte Demokratie von zentraler Bedeutung.“ Das befristete Medienpaket sei nötig „für eine Stärkung der demokratierelevanten Berichterstattung und der regionalen Vielfalt“.