© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/21 / 29. Oktober 2021

Kabinenklatsch
„Es war die Hölle“
Ronald Berthold

Wenn es um Rassismus im Fußball geht, wird die Beweislast neuerdings umgekehrt. Vor dem Sportgericht sollte der Saarbrücker Spieler Dennis Erdmann beweisen, was er nicht gesagt haben will. Der Magdeburger Profi Sirlord Conteh hatte behauptet, Erdmann habe ihn während der Drittliga-Partie aufgefordert, mit seinen Eltern in die Heimat zu paddeln. Dafür hagelte es nicht nur eine Geldstrafe, sondern auch acht Spiele Sperre und die übliche soziale Ächtung.

„Es war die Hölle“, sagt Erdmann jetzt. Von Anfang hatte er bestritten, sich so geäußert zu haben: „Der DFB schenkte den FCM-Spielern Glauben ohne jegliche Begründung.“ Daß auf dem Fußballplatz harte Worte fallen, gehört dazu. Am Sonnabend pöbelte Gladbachs Manager Max Eberl an der Seitenlinie Hertha-Kollege Arne Friedrich an. Kommt in der Hitze des Gefechts vor, aber nach Abpfiff ist das vergessen.

Der Saarbrücker Spieler aber sieht den Kampf gegen Rassismus so „ausgenutzt, daß an einem mündigen Menschen ein Exempel statuiert wird“. Davon konnte auch der Leipziger Hotel-Mitarbeiter ein Lied singen, als der C-Promi Gil Ofarim behauptete, wegen einer Davidstern-Kette beleidigt worden zu sein, die er – wie sich nun herausstellte – gar nicht trug. Erdmann wurde zum Teil rehabilitiert. In der Berufungsverhandlung strich der DFB-Richter zwei Spiele der Sperre und die Geldstrafe. Dafür mußte der 30jährige ein „fiktives Geständnis“ ablegen – obwohl er dabei bleibt, die Vorwürfe zu bestreiten. Anderenfalls hätte er aber beweisen müssen, nicht gesagt zu haben, Conthe solle nach Hause paddeln. Wie soll das gehen? In manchen Fällen müssen wir uns wohl an eine neue Rechtsprechung gewöhnen.