© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/21 / 29. Oktober 2021

Abrechnung
Jörg Fischer

Schon seine erste Abrechnung mit den „Thinkers of the New Left“ war eine Provokation: Roger Scruton entlarvte in dem Buch Achtundsechziger-Säulenheilige wie Michel Foucault, Antonio Gramsci, Jürgen Habermas, Georg Lukács und Jean-Paul Sartre als Narren, Schwindler und Unruhestifter, die im Westen gut dotiert neomarxistische Theorien spannen. Der englische Philosoph argumentierte dabei nicht liberal, sondern konservativ – und das kam schon 1985 bei vielen Kollegen nicht gut an. Jenen, die den Realsozialismus hinter dem Eisernen Vorhang zu ertragen hatten, sprach Scruton damit aber aus der Seele. Vier Jahre später schien der Mauerfall in Berlin die vernichtende Kritik zu bestätigen. Doch der linke „Krake“ ist wieder erwacht und hat mit Salonbolschewisten wie Slavoj Žižek neue Aushängeschilder: „Jene, die 1989 geglaubt hatten, daß Intellektuelle nie wieder eine leninistische Partei verteidigen und die Methoden von Josef Stalin befürworten würden, haben mit der überwältigenden Macht des Nonsens nicht gerechnet“, schreibt Scruton in seiner überarbeiteten und aktualisierten „Provokation“ von 2015. Und anderthalb Jahre nach Scrutons frühem Tod ist „Fools, Frauds and Firebrands. Thinkers of the New Left“ nun endlich auf deutsch erschienen. Das Buch ist wirklich lesenswert, denn der Autor hat sich mit den Ideen der Frankfurter Schule und der französischen Linksintellektuellen vom Schlage eines Alain Badiou wirklich auseinandergesetzt. Und er verurteilt nicht alle und alles in Bausch und Bogen: So würden die historischen Werke des Kommunisten Eric Hobsbawm „jeden Leser fesseln. Die Breite seiner Kenntnisse ist ebenso faszinierend wie die Eleganz seiner Formulierungen“, schreibt Scruton. Nur der vierte Band von dessen Geschichte der modernen Welt sei „teils bösartig, teils kurios“, weil er versuche, „das kommunistische Experiment weißzuwaschen und jede Schuld dem ‘Kapitalismus’ zuzuschreiben“. In den Kapiteln 5 („Ödnis in Deutschland: Bergab zu Habermas“) und 6 („Nonsens in Paris: Althusser, Lacan, Deleuze“) findet sich allerdings keinerlei Lob – und das völlig zu Recht.

Roger Scruton: Narren, Schwindler,  Unruhestifter. Linke Denker des 20. Jahrhunderts. FinanzBuch Verlag, München 2021, gebunden, 410 Seiten, 25 Euro