© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/21 / 05. November 2021

Ländersache: Nordrhein-Westfalen
Wenn Blut statt Altbier fließt
Christian Schreiber

Die Düsseldorfer Altstadt gilt als längste Theke der Welt. Woche für Woche kommen Zehntausende feierfreudige Menschen aus dem In- und Ausland in die Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Doch mittlerweile müssen die Stadtoberen um den guten Ruf fürchten. Denn die Metropole an Rhein ist ein gefährliches Pflaster geworden, vor allem in den Abendstunden. 

Nach der zweiten Bluttat innerhalb weniger Tage haben sich die Stimmen für ein Waffenverbot in der Düsseldorfer Altstadt gemehrt. Er befürworte ein solches Verbot, teilte Düsseldorfs Polizeipräsident Norbert Wesseler mit. „Messer und andere Waffen haben in der Altstadt nichts zu suchen. Es gibt aus meiner Sicht keine begründbare Situation, in der ich als friedlich feiernder Altstadtbesucher ein Messer benötige“, sagte der Polizeipräsident. Ende vergangenen Monats war ein 19jähriger in der Innenstadt getötet worden. Laut Polizei und Staatsanwaltschaft ist der junge Mann an den Folgen einer Stichverletzung ins Herz und dem damit verbundenen enormen Blutverlust gestorben. Im Polizeibericht war von einer „Auseinandersetzung zweier Gruppen“ die Rede. Nur eine Woche später wurde ein Minderjähriger aus dem Ruhrgebiet mit einem „machetenähnlichen Gegenstand“ regelrecht abgestochen. Er überlebte schwerverletzt, weil zwei zufällig anwesende Ärztinnen die Blutungen stoppen konnten. Oberbürgermeister Stephan Keller  (CDU) hat nun „Null-Toleranz“-Maßnahmen angekündigt, um der „Verlotterung“ der Altstadt entgegenzuwirken. Schockierend empfand der OB die Tatsache, daß sich der Vorfall nicht etwa mitten in der Nacht abspielte. „Besonders betroffen macht mich die frühe Uhrzeit dieses Vorfalls, zu der die Geschäfte noch geöffnet hatten und auch Familien in der Altstadt unterwegs waren“, sagte Keller. 

Die Polizei wollte unterdessen mit verstärkter Präsenz für mehr Sicherheit sorgen. Die Düsseldorfer Rheinpromenade sei mittlerweile ein Spießrutenlauf für Frauen. „Der Alkohol fließt ungehemmt, besoffene Jugendliche torkeln und pöbeln die Flaniermeile entlang, während der süßliche Geruch von Marihuana die Spaziergehenden unentwegt begleitet“, schildert ein Lokaljournalist seine Eindrücke. 

Mittlerweile hat sich auch der Innenausschuß des nordrhein-westfälischen Landtags mit der Thematik beschäftigt. „Unter den Feiernden befinden sich regelmäßig auch größere Gruppen mit erhöhtem Aggressionspotential. Oft männlich, oft mit Migrationshintergrund“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). Oft seien die Täter aufgrund vorheriger Gewaltdelikte schon polizeibekannt. „Das sind Menschen, bei denen dann schon mal die ‘Sicherungen’ durchbrennen. Ein falsches Wort, ein falscher Blick, ein Mißverständnis kann da schon mal dazu führen, daß ein Blackout stattfindet.“

Der Fraktionsvorsitzende der AfD im nordrhein-westfälischen Landtag, Markus Wagner, forderte ein grundsätzliches Umdenken. Erstens brauche es nun mehr Polizisten. Man könne den ohnehin schon mit über fünf Millionen Überstunden völlig überforderten Sicherheitskräften nicht noch mehr zumuten. Und zweitens müsse geltendes Recht auch wieder mit entsprechender Härte durchgesetzt werden.