© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/21 / 05. November 2021

„Ein Farmer muß Eigentum haben“
Südafrika: Eine Bodenreform soll ein Gleichgewicht zwischen Schwarzen und Weißen herstellen
Sebastian Biehl

Das Zauberwort in Südafrika heißt „Transformation“. Dahinter verbirgt sich nicht weniger als das Vorhaben, die schon lange ohnmächtige weiße Minderheit des Landes nun auch wirtschaftlich weiter zu schwächen. Mit einer radikalen Umkehr der Verhältnisse soll ein Gleichgewicht zwischen Weißen und Schwarzen hergestellt werden. Dabei spielt vor allem der Besitz von Grund und Boden eine höchst emotionale Rolle.

Die Regierungspartei African National Congress (ANC) drängt schon lange darauf, Enteignung ohne Entschädigung zu legalisieren, um die Bodenreform voranzutreiben. So auch die linksradikalen Economic Freedom Fighters (EFF). Die beiden Parteien unterscheiden sich in der Diskussion darin, daß der ANC keine Enteignung nach simbabwischem Vorbild will. Dort wurden innerhalb kurzer Zeit 90 Prozent der weißen Bauern von ihrem Land vertrieben. Stattdessen strebt die Partei einen Prozeß der Verständigung an. Der Fokus müsse auf dem Boden liegen, welcher „ungenutzt, untergenutzt oder zu Spekulationszwecken besessen“ werde. Bevor eine entsprechende Regelung beschlossen werden kann, gilt es die Verfassung zu ändern, welche Eigentum als unveräußerliches Recht garantiert. Bislang müssen Grundbesitzer nach Marktwert entschädigt werden. Für die Gesetzesänderung bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Parlament, die der ANC mit 57 Prozent der Sitze aber nicht hat. Mit den elf Prozent der EFF würde es reichen, aber die „Freiheitskämpfer“ beharren auf dem simbabwischen Modell. 

Früher hochproduktive Farmen sind heute heruntergewirtschaftet

Die liberale Democratic Alliance, die konservative Freedom Front Plus sowie die meisten Farmerverbände lehnen das Vorhaben grundsätzlich ab. Der Staat verfüge über genügend rechtliche Mittel zur Umverteilung, tue aber nur sehr wenig, um bereits aufgekauftes Land an schwarze Farmer zu übertragen. Auch waren fast alle staatlich geförderten Landumverteilungsprojekte bisher ein einziges Desaster. Ehemals hochproduktive Farmen sind heute bis zur Substanz heruntergewirtschaftet. Hennie van Huyssteen, ein Farmer aus der Provinz Free State befürchtet, daß die Regierung „ein sozialistisches System, in dem dem Staat alles gehört und das Land nur zugeteilt wird, ohne daß es jemals das Eigentum des Farmers wird“, errichten will. „Ein Farmer muß aber Land als Eigentum haben, um bei der Bank Kredite zu bekommen. Außerdem kümmert man sich nur um etwas, das einem auch gehört“, führt der 47jährige aus. 

Mit einer Aufweichung des Eigentumsrechts kann letztlich alles einkassiert werden: Wohnimmobilien, Fabriken, sogar bewegliche Güter. Land gibt es genug, doch vielen Schwarzen fehlt es an Interesse, Kapital und Bildung. Wo Farmen an schwarze Gemeinschaften übertragen wurden, wurde das Land nach einer Weile oftmals wieder an Weiße verpachtet oder verkauft. Reichtum hat kaum noch etwas mit Landbesitz zu tun. Viele Bauern sind hoch verschuldet. Die meisten Reichen wohnen in den Städten, und die Armen wollen am urbanen Leben teilhaben. Boden ist somit eher von symbolischer als von wirtschaftlicher Bedeutung.