© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/21 / 05. November 2021

Umweltbundesamt agitiert gegen klimaschädliche Subventionen
Es gibt kein Dieselprivileg
Jörg Fischer

Die Ampel-Verhandler wollen „umwelt- und klimaschädliche Subventionen“ abbauen. Das begeistert Greta-Gläubige und Jungliberale gleichermaßen. Nur über die so gewonnenen „zusätzlichen Haushaltsspielräume“ dürfte Streit aufkommen: Weltrettung, Einkommensteuersenkung oder doch lieber öffentlich geförderte Wohnungen für die wachsende Bevölkerung, wie die SPD verspricht? Das Umweltbundesamt beziffert den Verteilungsspielraum in einer Studie (UBA-Texte 143/21) auf 65,4 Milliarden Euro – das wären zwölf Prozent des aktuellen Bundeshaushalts.

Doch viele „Subventionen“ sind gar keine. Ja, der Steinkohlebergbau wurde bis 2018 mit Milliarden unterstützt: Importkohle war billiger, doch das schwarze Gold aus NRW und von der Saar war eine Energiereserve im Kalten Krieg und bei den Ölkrisen. Auch die 6.000 Euro Bundeszuschuß für den Kauf von E-Autos sind eine teure Subvention. Die Braunkohle wird nicht subventioniert. Doch mit einem Kniff läßt sich das dennoch behaupten: Da „weder in der finanzwissenschaftlichen Literatur noch in der Praxis“ der Begriff eindeutig definiert sei, könne man auch Steuervergünstigungen als „Subvention“ ansehen, findet das UBA. So müsse für Braunkohle keine Förderabgabe und kein Wasserentnahmeentgelt gezahlt werden. Zudem werde der CO2-Gehalt der Kohle „viel geringer besteuert als andere fossile Energieträger“ – sprich: Wenn sich der Fiskus zurückhält, ist das plötzlich eine „Subvention“.

Doch in Wahrheit wandern jährlich Milliarden von den Braunkohleunternehmen und ihren Stromkunden an den Finanzminister und über die EEG-Zwangsabgabe als echte Subvention an die Biogas-, Solar- und Windkraft-Investoren. Auch das „Dieselprivileg“ ist keines, denn für jeden Liter werden 47,04 Cent Energiesteuer plus Mehrwertsteuer fällig. Daß der Steuersatz für Benzin bei 65,45 Cent liegt, ist den Kohl- und Schröder-Kabinetten zu verdanken: Sie wollten in erster Linie den privaten Autofahrer im Benziner, nicht aber den Handwerker im dieselnden VW Bulli oder gar Fuhrunternehmer voll abkassieren. Und wie wäre es, angesichts der hohen Ölpreise und der deutschen CO2-Bepreisung, Benzin auch nur mit 47,04 Cent zu besteuern? Dann gäbe es auch keine „Diesel-Subvention“ mehr. Die Pendlerpauschale ist ebenfalls keine „Subvention“, sondern nur gerecht. Sie ersetzt einen Teil der privaten Aufwendungen für lange Arbeitswege. Oder sollen künftig die ohnehin durch das Pendeln belasteten Arbeitnehmer die An- und Heimfahrt voll aus der eigenen Tasche bezahlen?

Und würden künftig – neben der schwarz-gelben Ticketsteuer von 2011 – zusätzlich 65,45 Cent pro Liter Energiesteuer für Kerosin fällig, landeten sicher nicht weitere 8,4 Milliarden Euro im Bundesetat. Stattdessen wären Hunderttausende Arbeitsplätze in der deutschen Luftfahrt in Gefahr. Und es gingen zwei Urlaubstage verloren: für die An- und Rückreise zu den billigeren ausländischen Flughäfen.