© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/21 / 05. November 2021

Lehren aus dem Endspiel am Hindukusch
Westliche Werte – nein danke
(ob)

War „der bisher verlustreichste und prägendste Auslandseinsatz der Bundeswehr ein Scheitern auf der ganzen Linie“? Für den Politologen Johannes Varwick (Halle) ist das fast eine rhetorische Frage. Es fielen zwar einige höchst bescheidene Erfolge im Gesundheitswesen, in der Bildung und beim Aufbau der Verkehrsinfrastruktur auf die Haben-Seite des deutschen Afghanistan-Abenteuers, aber „keines der weitergehenden Ziele wurde erreicht“ (Gesellschaft–Wirtschaft–Politik, 3/2021). Unterm Strich hinterlasse die zwölf Milliarden Euro teure Operation am Hindukusch, die 59 Soldaten das Leben kostete, exakt das ungelöste Sicherheitsproblem, das es zu Beginn des „Kriegs gegen den Terror“ war. „Die Nato und der Westen haben den Krieg eindeutig verloren.“ Zwar hält Varwick die „Pauschalkritik“ seines Kollegen Carlo Masala (München) für überzogen, der zufolge die Militärinterventionen des Westens die Welt seit 1990 sukzessiv zum „unsicheren Platz“ gemacht hätten. Aber nach dem „Endspiel in Afghanistan“ sei jedenfalls die Strategie, in „fremden Kulturkreisen das westliche Wertesystem als strikten Fixpunkt aller Bemühungen zu etablieren“, künftig nicht mehr zu legitimieren. Soll eine Staatsform im Bewußtsein der Bevölkerung fest verankert sein, dürfe sie nicht mit Waffengewalt oktroyiert werden. 


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