© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/21 / 05. November 2021

Leserbriefe

Zum Leserbrief: „Nicht schimpfen – impfen, impfen, impfen“ von Wolfgang Walter, JF 44/21

Unselige Formulierung aus der NS-Zeit

Herr Walter möchte nicht in die Ecke von Linksfaschisten gestellt werden, aber welche Formulierung benutzt er?! Eine aus der NS-Zeit, da er meint, daß Querdenker, Impfskeptiker „Saboteure an der deutschen Volksgesundheit“ seien. Unter dem Aspekt („deutsche Volksgesundheit“) wurden in der Nazizeit geistig Behinderte erst in Heimen isoliert und später eliminiert. Auf diese Art und Weise verlor meine Großmutter ihre „aufmüpfige“ Stieftochter. Wo sind wir jetzt wieder hingeraten?

Christel Fichtner, Sandersdorf






Zum Schwerpunktthema: „Rückkehr der Kernkraft“, JF 43/21

Einstige DDR-Bürger, klug durch Erfahrung

Es ist wichtig, daß die Energiegewinnung durch Kernenergie – wie sie in der gesamten Welt mit immer moderneren AKW-Typen vorangetrieben wird – immer wieder, so wie hier, ins öffentliche Bewußtsein gerufen wird. Deutschland als ehemaliger Wissens- und Erfahrungsträger auf diesem Gebiet wird wohl noch fünf Jahre brauchen, bevor man wenigstens mit Forschung zu AKWs wieder beginnt: Ein schwerwiegendes Versäumnis. Ehemalige DDR-Bürger haben Erfahrungen darin, was passiert, wenn eine Wirtschaft ideologisch gesteuert wird! 

Wohin „ideologische Scheuklappen“ ohne entsprechenden Sachverstand führen können, zeigt die kürzliche Besetzung der Fernwärme-Anlagen (Blockheizwerk) durch „Klima-Aktivisten“ in Greifswald, die zu Versorgungsausfällen führte und durch die Polizei gewaltsam beendet werden mußte. Ausgerechnet hier steht eine großflächige Solar-Konvektionsanlage kurz vor der Inbetriebnahme, was wegen der Direktumwandlung von Sonnenenergie ohne Zwischenstufen einen guten Wirkungsgrad für die Wärmeversorgung sichert. Viele der diskutierten denkbaren Verfahren zur Erzeugung von „grünem Strom“ kranken dagegen an der aufwendigeren mehrstufigen Energieumwandlung mit verkleinertem Gesamtwirkungsgrad – abgesehen von zum Teil immensen Kosten und fehlender Einsatz-Reife. Wer in Demonstrationen die endgültige und sofortige Umsetzung von Klimazielen fordert, könnte viel hierfür beitragen durch eigene Ausbildung auf den relevanten physikalisch-technischen Fachgebieten – zur Vermeidung von teuren Irrwegen.

Dr.-Ing. Lothar Steinhäuser, Greifswald






Zu: „Große Empörung“ von Artur Abramovych, JF 43/21

Deutscher jüdischen Glaubens

Also wirklich: Gil ist nicht der Sohn irgend „eines auslandsisraelischen Sängers“, sondern der Sohn von Abi Ofarim, der mit seiner damaligen Frau Esther ein in den 1960er Jahren weltberühmtes Duo mit vielen großen Hits (zum Beispiel „Cinderella Rockefella“ oder „Morning of my life“) hatte. Über viele Jahre verband meine Familie eine wunderbare Freundschaft mit Abi. Abi war israelischer Staatsbürger und erzog Gil im jüdischen Glauben. Zu Hause wurde eigentlich nur hebräisch gesprochen. Gil nicht als Juden zu bezeichnen, ist Tinnef. Er ist Deutscher jüdischen Glaubens. Ich kenne Gil seit seiner Kindheit und kann mir nicht vorstellen, daß er lügt. Sollte er es doch getan haben, hätte er in der Tat allen „Juden in Deutschland einen Bärendienst erwiesen“ – und Abi würde sich im Grabe umdrehen.

Klaus Härtel, Kiel




Sebnitz, Krefeld, Neuperlach

Dieser Kommentar wie auch die Online-Reflexion von Felix Krautkrämer („Wird der Fall Gil Ofarim zum Sebnitz 2.0?“) einnert mich automatisch an zwei bezeichnende Vorverurteilungen Mitte der 90er Jahre. So hatte in Krefeld ein Türke seine ganze Familie (die 41jährige Ehefrau, seine 19jährige Tochter und seinen 17jährigen Sohn) verbrannt und dies den „Nazis“ unterstellt. Die türkische Minsterin Meral Aksener reiste extra aus der Türkei an und tobte gegen die Deutschen: „Sie können uns nicht mehr hinauswerfen, jetzt verbrennen sie uns.“ Der türkische Botschafter Volkan Vural machte die deutschen Polizei- und Justizbehörden für ihre laxe Haltung gegenüber den Rechtsextremen verantwortlich. Und das vermeintliche Opfer Aziz Demir klagte in zahlreichen Gesprächen, auch im Fernsehen, über sein tiefes Leid: „Was sind diese Nazis nur für Menschen? Ich kann es nicht begreifen. Fühle unendlichen Schmerz in mir.“ Am Tag der Beerdigung, bevor er die Grabrede halten und auf die „Nazis“ schimpfen konnte, wurde er verhaftet. Eine Videoaufzeichnung vom Tatabend zeigte, wie er an der Tankstelle einen Kanister mit Benzin füllte. Dazu schrieb Uwe Zimmer, Chefredakteur der Abendzeitung: „Vorsicht ist geboten. Solange kein Urteil gesprochen wurde, gilt auch Aziz Demir als unschuldig.“ 

Ähnlich verhielt es sich, als der sogenannte „feige, brutale und rechtsextreme Überfall“ auf ein 17jähriges türkisches Mädchen in Neuperlach, einem Vorort von München, stattfand. Presse, etwa der Münchner Merkur, und TV skandalisierten den Vorfall ganz groß, die Schlagzeilen überschlugen sich: „Scheiß-Ausländerin brüllten die zwei Neo-Nazis und stießen das Mädchen vor sich her. Plötzlich zog einer der Täter einen Gasrevolver und schoß. Ebru A. wurde im Gesicht getroffen. Sie stürzte schwer verletzt zu Boden. Die Skins ließen nicht ab. Sie traten die 17jährige mit ihren schweren Springerstiefeln. Erst als sich die Türkin nicht mehr bewegt, liefen die Schläger davon.“ Edmund Stoiber, seinerzeit Innenminister, veröffentlicht in der Presse ein Schreiben an das Opfer: „Ich bin fassungslos, daß sich junge Deutsche zu solchen feigen Taten hinreißen lassen, nur weil das Opfer keine Deutsche ist.“ Anschließend lud er das Mädchen mit ihren Angehörigen zu einem Empfang ins Innenministerium (in Anwesenheit von Fernsehen und Presse) und setzte dort seine Deutschenbeschimpfung fort, die begierig auch von der Weltpresse aufgegriffen wurde. Dann platzte die Lügenbombe: Das Mädchen hatte diesen Überfall durch „Neonazis“ selber vorgetäuscht. Ihr Freund, Türke, hatte mit der Gaspistole vor ihrem Gesicht herumgefuchtelt, als sich ein Schuß löste und ihr Gesicht traf. Doch diese Nachricht wurde kaum erwähnt – keine Schlagzeilen, keine Mitteilung im Fernsehen, und der bayrische Innenminister Edmund Stoiber war zu feige, seinen Irrtum einzugestehen und sich zu entschuldigen.

Georg Wisholler, Ottobrunn






Zu: „Ohne Not ausgeklinkt“ von Michael Paulwitz, JF 43/21

Die Politik von Angela Merkel hat fertig

Reden wir Klartext: Das Ergebnis der „Energiewende“ sind riesige Felder mit Solaranlagen, wo heimischer Ackerbau unmöglich ist. Apokalyptische Windkraftanlagen (meist ohne Wind) mit ebenso apokalyptischen Ausmaßen an Flächenfraß und -Verdichtung mit ihrem Beton-Stahlgeflecht – auch in Wäldern – gelten als grünintelligente Merkel-Lösung, um AKWs und KKWs abzuschalten, damit der Strom nur um „eine Kugel Eis“ teurer wird (Jürgen Trittin). Dies alles wegen Fukushima, wo meines Wissens inzwischen der Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen ist. Wenn man weiß, daß mit moderner Technik in der Atomenergiegewinnung ressourcenschonend – auch mit alten Brennstäben – effektivere Ergebnisse erzielt werden können, und wenn man ebenso weiß, daß im Ausland zügig neue AKWs entstehen und weitere geplant sind, und wenn man dann noch erleben muß, daß es keine (!) Nachahmer der deutschen Hybris gibt, muß man sich fragen: Ist das politische und mediale Mainstream-Konglomerat wirklich so unheimlich dämlich und ahnungslos? 

Seit Angela Merkels Sinneswandel ist der Atomstrom des Teufels (siehe Fukushima) – trotz riesiger Entfernung. Rund um Deutschland stehen circa 60 AKWs, davon in Frankreich etwa 20 (mehr als in Rußland). Merkel und ihre Grünen-Gang machten der Bevölkerung Angst, weil ein Reaktor in Japan wegen eines Tsunamis „hochging“. Aber für sie und ihre „Nachbeter“ sind die AKWs unserer Nachbarn ohne Belang – außer zum Kauf teuren Atomstroms! Würde es bei unseren Nachbarn einen Reaktor-Gau geben, machte das für uns keinen Unterschied. Ich suche hier nach der Logik. Die große Furcht im Volk: ein Atomgau in Japan – Gott stehe uns bei! Sechzig AKWs direkt um Deutschland: alles im „grünen“ Bereich.

Wolfgang Kahl, Augsburg






Zu: „´Ich bin die Wahrheit´“ von Thorsten Hinz, JF 43/21

Wolf Biermann muß nochmal neu dichten

Konsequenterweise müßte Wolf Biermann seine schrecklich schöne Ballade von den verdorbenen Greisen um Jürgen Habermas und Wolfgang Schäuble erweitern.

Gerold von Busse, Bösdorf






Zu: „Demokratie braucht Präsenz“ von Gernot Hüttig, JF 43/21

Vor allem Diplom-Demokraten

Weshalb werden hier französische Worte den deutschen vorgezogen? Ich habe einige Jahre in Frankreich gelebt. In dem Ausdruck „bourgeois“ steckt neben dem Spießer auch etwas von dem, was man bei uns einen Bonzen heißt. Weder der Bürger noch ein „Privatmann“ haben diese Nebenbedeutung. Fremdwörter sind bekanntlich Glückssache. Zu bemängeln sind jedoch Lücken bei der Muttersprache. So klingt der „Privatmann“ nach einem politikwissenschaftlichen Kunstwort. Was der Autor offenbar meint, ist der gutgläubige Biedermann. Der Unterschied zum wachen Bürger hat sich im Vormärz herausgebildet, der Zeit vor der 48er-Revolution. Darauf wollte der Verfasser offenbar hinaus. Damals erhob sich in der Tat auch der gleichgesinnte „citoyen“ zur Juli-Revolution in Frankreich. Für das treffende Wort braucht man also auch Geschichtskenntnisse. Die Suche nach Schwächen in der deutschen Sprache zeugt eher von Entfremdung vom Volk. Das ist leider auch bei manchen anderen JF-Autoren zu beobachten. Ihre Zeitung läßt vor allem Diplom-Demokraten zu Wort kommen. Sie mögen konservativ sein oder rechts. Abgehoben sind sie auch.

Volker Wittmann, Philippsburg






Zu: „Unterdrückter Feiertag“ von Paul Leonhard, JF 43/21

Frankreichs Vorbehalte ausgeblendet

Das Datum des 9. November in der deutschen Geschichte ist natürlich der Betrachtung wert. Was in der diesbezüglichen Buchbesprechung nicht erwähnt wird, aber im Zusammenhang mit dem Datum unbedingt dazugehört, ist der Todestag des ehemaligen französischen Staatspräsidenten und Begründers der V. Republik Charles de Gaulle, gestorben am 9. November 1970. Schließlich war er entschiedener Befürworter der Berliner Mauer, die neunzehn Jahre später, ausgerechnet an einem 9. November fiel. Es ist anzunehmen, daß de Gaulle ebenso reagiert hätte wie François Mitterrand, einer seiner Nachfolger, gemeinsam mit der Amtskollegin Margaret Thatcher. Den Preis dafür, die Aufgabe der D-Mark, mußte Deutschland sehr teuer bezahlen, die wahren Kosten lassen sich bei der derzeitigen Politik noch gar nicht abschätzen – der berüchtigte französische Vergleich (der Maastricht-Vertrag sei wie der Versailler Vertrag ohne Krieg) läßt grüßen.

Klaus Obrecht, Offenburg






Zu: „Zur Fiskalunion einsteigen, bitte!“ von Joachim Starbatty, JF 42/21

Kläglich versagt: Bundespräsident Köhler

Der Donnerschlag dieses Leitartikels erfolgt erst im letzten Absatz: ein Zitat des früheren Bundespräsidenten Köhler, atemberaubend in seinem Unverständnis des heutigen Europas und seiner Realitätsferne Deutschland betreffend. Nicht Freiheit, Selbstverantwortung und fairer Wettbewerb sind heute die Grundlage der EU, sondern Umverteilung, Regulierungswut und Kompetenzanmaßung. Und es gibt sehr wohl eine „Staatsnation in Europa,“ die nicht nur seit Jahren Eurosystem und EU finanziert, sondern die glückselig sogar ihr angestammtes Siedlungsgebiet den Völkern der Welt überläßt und die Welt mit Fahrradfahren retten will, derweil China jedes Jahr ein Dutzend neuer Flughäfen schneller baut als Deutschland eine Brücke reparieren kann. Das Volk belohnt die Täter in freien Wahlen mit einem 90-Prozent-Ergebnis! All das sieht der Mann nicht, der zumindest den Euro-Putsch in die Transferunion praktisch allein hätte verhindern können. Als früherer Finanzstaatssekretär wußte Horst Köhler genau, was da vor ihm lag. Er hätte als Bundespräsident seine Unterschrift unter die Rettungsschirmgesetze verweigern müssen, zumindest vorbehaltlich einer gewissenhaften Überprüfung durch das Verfassungsgericht, welches, so von einem Verfassungsorgan aufgefordert, vielleicht den Mut gehabt hätte, seine Pflicht zu tun. Horst Köhler hätte ein Großer werden können, doch als er seinen historischen Moment hatte, versagte er kläglich.

Dr. Peter Frielinghausen, Iserlohn






Zu: „´Nimm das Geld und hau ab´“ von Gil Barkei, JF 42/21

Erinnerung an das Ludwig-Forum in Aachen

Bei der Lektüre mußte ich lauthals lachen. Gewisse Episoden aus meiner viel zu kurzen Beschäftigungszeit im Aachener Museum Ludwig-Forum schossen mir durch den Kopf. Dort wurde ich 2013 nach der Meldung einiger Übelstände an die Zentrale vom Dienst suspendiert. Die Grenzen von Kunst, sogenannter „Kunst“ und Unsinn oder Irrsinn sind sicherlich fließend, vielleicht muß das auch so sein. Als Resumee blieb jedenfalls hängen: Der Sektor der Kunstbeflissenen und der Kreis der psychisch Gestörten weist eine große Schnittmenge auf.

Wolfram Dorn, Herzogenrath