© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/21 / 12. November 2021

Aufgeschnappt
Heimlicher Sexismus beim Aperol Spritz
Matthias Bäkermann

Daß so etwas selbst in Berlin-Kreuzberg möglich ist, vier Jahre nach #Metoo, versetzt taz-Autor Gabriel Yoran in eine Mischung aus Erstaunen und Zorn. So hatte ein Kellner ohne Kenntnis der genauen Bestellung der Frau automatisch den Aperol Spritz vorgesetzt und dem Mann das Bier. Dieser augenfällige „Sexismus im Service“ veranlaßte das linksalternative Blatt umgehend, dieses weitere gesellschaftliche Übel publizistisch in den Blick zu nehmen: den „Gastrosexismus“! Weil nämlich bekannt sei, so der wissende Autor, „daß die Gastronomie, was Geschlechterrollen angeht, noch in der vorletzten Staffel festhängt“. Den meisten Restaurantgästen fielen jedoch diese „Diskriminierungsgesten“ überhaupt nicht auf, „da sie in der allgemeinen Wurschtigkeit untergehen“. Deshalb sollten künftig in der von toxischer Männlichkeit durchsetzten Gastro-Branche (schlechte Geschlechterquote bei Köchen, Restaurantkritikern und im Management) die woken Sinne geschärft werden. Denn wenn einmal wieder ganz geschlechterstereotyp dem Herrn zuerst das Probierglas mit Wein gereicht wird, oder gar eine – horribile dictu! – Damenkarte (Menüs ohne Preise) ausliegt, ist aktiver Widerstand gegen diesen Gastrosexismus angesagt.