© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/21 / 12. November 2021

Keine Lust auf Rassentheorie
USA: Für die Biden-Regierung ist der Sieg der Republikaner in Virginia ein heftiger Schlag
Liz Roth

Die Gouverneurswahlen in den USA haben für viel Aufsehen gesorgt. Die Republikaner haben gezeigt, daß sie trotz einer demokratischen Präsidentschaft Wahlen gewinnen können. Insbesondere der Bundesstaat Virginia, in dem seit 2009 keine republikanische Mehrheit mehr errungen werden konnte, ist nun komplett in der Hand der Konservativen.Sie gewannen die Posten des Gouverneurs, Vizegouverneurs sowie des Generalstaatsanwaltes und holten sich die Kontrolle des Abgeordnetenhauses zurück. Mit Winsome Sears bekleidet die erste Afroamerikanerin das Amt des Vizegouverneurs, und Jason Miyares wird der erste Generalstaatsanwalt mit kubanischer Abstammung. Noch vor einem Jahr konnte Joe Biden sich in Virginia mit einem komfortablen Vorsprung von zehn Punkten gegenüber Donald Trump durchsetzen. 

Die Eltern wollen bei der Bildung ihrer Kinder ein Wort mitreden

Mit Glenn Youngkin ist ein politischer Außenseiter zum höchsten Amt des Staates aufgestiegen. Der erfolgreiche Geschäftsmann und „Sohn Virginias“, dessen Vermögen laut Forbes Magazine auf über 400 Millionen Dollar geschätzt wird, hatte seine Kampagne auf den Themen Bildung und Wirtschaft aufgebaut. 

„Die Eltern sind absolut wütend darüber, was in den öffentlichen Schulsystemen passiert“, sagte Youngkin bereits vor der Wahl gegenüber dem Nachrichtensender Fox Business. „Unser Lehrplan wird sich darauf konzentrieren, die politische Rhetorik aus dem Klassenzimmer zu verbannen und unsere Kinder darauf vorzubereiten, wie sie denken sollen und nicht, was sie denken sollen.“ Der Protest vieler Eltern in Virginia über die Lehre der kritischen Rassentheorie an öffentlichen Schulen hatte in den vergangenen Monaten immer wieder neue Schlagzeilen geschaffen.

Über Monate hatte Terry McAuliffe in den Umfragen geführt. Doch Robert Hess von der Ideenwerkstatt AEI (American Enterprise Institute) sieht den Wendepunkt des Rennens während einer Debatte Anfang Oktober, als McAuliffe darauf beharrte, daß „Eltern den Schulen nicht vorschreiben sollten, was sie unterrichten sollen“.

Eine Gruppe nichtrepublikanische Mütter aus den Vororten unweit der Hauptstadt Washington, die eigentlich eine Hochburg der Demokraten sind, berichteten gegenüber dem Nachrichtensender CNN, warum sie bei den Wahlen vergangene Woche den Republikaner Glenn Youngkin und nicht den demokratischen Kandidaten und ehemaligen Gouverneur des Staates Terry McAuliffe gewählt haben. „McAuliffe hat nie wirklich darüber gesprochen, was er tun würde, um Dinge zu verbessern. Er hat nur darüber geredet, wie schlecht alle anderen, insbesondere Donald Trump, sind, und das war für mich wirklich abschreckend“, erklärte die Mutter Dana Jackson. Auch Shawna Yashar, eine Demokratin, machte ihr Kreuz für Youngkin, da sie sieht, wie „die Kinder in einer Bildungskrise stecken“ und der „Lernschwund“ real ist. 

Für die Eltern ist es besonders wichtig gewesen, daß sie wieder über die Bildung ihrer Kinder entscheiden können. Laut Umfrage des Nachrichtensenders NBC News waren es die Frauen, die Youngkin den Sieg sicherten. Noch 2020 stimmten 50 Prozent der weißen Frauen für Biden. 2021 entschieden sich 57 Prozent von ihnen für den Kandidaten der Republikaner und nur 43 Prozent für den Demokraten McAuliffe.

Für viele Politikexperten kam der Sieg überraschend. „Youngkin war nicht sehr bekannt, er war weit hinten in den Umfragen. Aber er hat es geschafft, das Blatt zu wenden, weil er sich für die Themen eingesetzt hat, die den Menschen in Virginia am Herzen lagen“, kommentierte Fox News im Gespräch mit dem ehemaligen republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich. „Auf der Seite seines Wahlkampfbusses stand ‘Eine neue Art von Führer’, und mit diesem Sieg hat er gezeigt, daß er wirklich verstanden hat, wo die Menschen in Virginia tatsächlich stehen und was ihnen wichtig ist.“ 

Youngkin steht für den „Amerikanischen Traum“. Er arbeitete bereits als 15jähriger in einem Restaurant, dann ergatterte er ein Universitätsstipendium und studierte Maschinenbau. Später schloß er seine Ausbildung in Harvard ab. Während seiner Kampagne betonte der vierfache Familienvater immer wieder, daß die wirtschaftliche Situation in seinem Staat zu den obersten Prioritäten gehöre. Für seinen „Tag eins“ kündigte er Steuersenkungen für Lebensmittel, Steuererlasse und einen höheren Freibetrag für Veteranen an. Außerdem plant er die Schaffung von über 400.000 neuen Jobs. 

Laut dem Wall Street Journal sind mit drei Millionen abgegebenen Stimmen rekordverdächtig viele Menschen zur Wahl gegangen. In der Vergangenheit wurden bei den Gouverneurswahlen in Virginia nur zwischen 2,2 und 2,6 Millionen Stimmen abgegeben. 

Auch New Yorks neuer Bürgermeister übt sich in Kritik

Für die Demokraten und die Biden-Regierung in Washington war das Ergebnis ein heftiger Schlag. Seit Monaten fällt Joe Biden in den Umfragen, und laut USA Today hat er nur noch 38 Prozent Zuspruch in der Bevölkerung. Biden hatte jegliche Andeutungen zurückgewiesen, daß die schockierende Niederlage ein Urteil über seine Präsidentschaft sei. „Die Wähler sind über viele Dinge beunruhigt“, sagte Biden und betonte, in Virginia hätten „viele Trump-Wähler“ das Ergebnis bestimmt. Der Sieg von Youngkin hat höchstwahrscheinlich nationale Konsequenzen, denn Vizepräsidentin Kamala Harris sagte den demokratischen Wählern kurz vor der Wahl, Virginia sei ein „Indikator“ für die Zwischenwahlen im nächsten Jahr.

Auch in New Jersey, einem ebenfalls traditionell demokratischen Staat, konnten die Republikaner aufholen. Hier verlor der weitgehend unbekannte Jack Ciattarelli mit nur 1,7 Punkten gegenüber dem amtierenden Gouverneur Phil Murphy von den Demokraten. Die Bürgermeisterwahl von New York sahen zwar den Demokraten Eric Adams als deutlichen Sieger, allerdings unterstrich auch er während seiner Dankesrede, daß die demokratische Politik in New York versagt hätte. Insbesondere in Bezug auf Verbrechen will er „konservativ“ regieren. 

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Foto: Glenn Youngkin und Winsome Sears: Beide Republikaner wollen nun Virginia umkrempeln