© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/21 / 12. November 2021

Atom-Renaissance und CO2-Verpressung
Stromversorgung: Für die Bürgerinitiative Vernunftkraft ist preiswerte und sichere Energie unverzichtbar
Mathias Pellack

Der Verein Energievernunft Mitteldeutschland und die Bundesinitiative Vernunftkraft haben ein 14 Punkte umfassendes Maßnahmenpaket als Forderung an die kommende Bundesregierung gesandt. „Explodierende Energiepreise und Versorgungsengpässe sind vor allem ein Zeichen des Mangels, und vor diesem Hintergrund ist die Stillegung der letzten sechs Kernkraftwerke in den nächsten 14 Monaten unverantwortlich“, erklärt der frühere Hamburger Umweltsenator, Fritz Vahrenholt (SPD). Vielmehr sollte den Empfehlungen des Weltklimarates (IPCC) gefolgt werden: Kernkraft und CCS-Technologien zu nutzen. 

Der Forderungskatalog umfaßt nicht nur das Kernkraftmoratorium und die politische Ermöglichung der Verpressung von CO2 in Tiefengesteinen (CCS). Zur Verringerung des CO2-Ausstoßes unter gleichzeitiger Beibehaltung der energieintensiven Wirtschaft in Deutschland seien auch Gaskraftwerke nötig, die eine Abtrennung des bei der Gasverbrennung entstehenden CO2  vornehmen. Weitere Möglichkeiten um die von der Bundesnetzagentur in den kommenden Jahren erwartete Jahreshöchstlast von 81.800 Megawatt (MW) bei sinkendem Angebot (von heute 90.000 auf 75.300 MW) zu befriedigen, seien auch Ladeeinschränkungen für E-Autos von 11 bis 22 Uhr in Zeiten von Strommangel.

Um dem deutschen Wirtschaftsstandort langfristig eine konkurrenzfähige Perspektive zu sichern seien aber auch die Abschaffung der Stromsteuer, die Aussetzung der Anhebung der CO2-Abgabe und die Anerkennung der Atomkraft als „erneuerbar“. Letzteres wird von Polen und Frankreich vorangetrieben: Die EU soll Kernkraft, Wasser-, Wind- und Sonnenenergie rechtlich gleichstellen (JF 45/21). Der Wiedereinstieg in die Atomenergie ist auch dem früheren Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, Horst Rehberger (FDP), wichtig. 

Die Energiewende hin zu den Erneuerbaren habe eine dramatische De-Industrialisierung eingeleitet: „Preiswerte und sichere Energie ist für eine wettbewerbsfähige Industrie unverzichtbar. Teure und unsichere Energieversorgung nötigt Unternehmen, in andere Länder abzuwandern, die mit Kohle und Kernenergie wettbewerbsfähige Produktionen ermöglichen“. Im Papier wird daher die Wiederaufnahme der Kernkraftforschung, bei der Deutschland einmal führend war, und die Überprüfung der Endlagersuche gefordert. Diese sei einzustellen. Das weiter spaltbare Restmaterial könne an Länder verkauft werden, die sogenannte schnelle Brüter betreiben. Diese Art Kernkraftwerk kann den restlichen Energiegehalt nutzen. 

Für die Endlager sei aber eine Mitnutzung der in den nächsten Jahren entstehenden Stätten etwa in Finnland attraktiv. Eine Alternative sei auch die Beteiligung am belgischen Projekt „Myrrha“, wo mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers ein Reaktor den für hiesige Reaktoren „verbrannten“ Brennstoff weiter nuzt. Diese Möglichkeiten seien allesamt kostengünstiger als die Endlagersuche in Deutschland, so Vernunftkraft. Ein „Irrweg“ sei dagegen die Wasserstoff-Strategie. Dabei soll überschüssiger „Grünstrom“ zur Wasserstoffelektrolyse genutzt werden. Diese Technologie habe aber einen sehr hohen Umwandlungsverlust von 75 Prozent. Drei Viertel der erzeugten Energie gehen bei der Speicherung und Rückgewinnung verloren.

„Forderungen an die Klima- und Energiepolitik der nächsten Bundesregierung:  www.vernunftkraft.de