© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/21 / 12. November 2021

Gefängnisnation USA erlebt Krise der Masseninhaftierung
Klassenkampf als Rassenkampf
(ob)

Die USA, eine „liberale Demokratie und eine vermeintliche Verfechterin der Bürgerrechte und Freiheiten“, wie die Historikerin Heather Ann Thompson (Universität von Michigan) ätzt, hat bei ihrer Gefangenenzahl einsames Weltniveau erreicht. Die Nation erlebe daher eine von gewaltsamen Streiks in überfüllten Gefängnissen begleitete „Krise der Masseninhaftierung“. 2.068.800 Menschen verbüßen aktuell eine Haftstrafe in Bundes- oder bundesstaatlichen Gefängnissen. Zudem stehen sieben Millionen Menschen nach Verbüßung der Haft oder wegen Bewährungsauflagen unter staatlicher Aufsicht. Schätzungen zufolge gelten heute 80 Millionen US-Amerikaner als vorbestraft. Bei den Inhaftierten handele es sich überwiegend um Afroamerikaner. Dieses Phänomen sage jedoch „absolut nichts über deren kriminelle Neigung aus“. Sondern darüber, daß der Klassenkampf in den USA von jeher qua Kriminalisierung und Masseninhaftierung der schwarzen Unterschicht als Rassenkampf ausgetragen werde (Aus Politik und Zeitgeschichte, 42/2021). Eine ähnliche Entwicklung hält Thompson auch in Europa für möglich, wenn Einwanderer nicht als „vollwertige Bürger“ aufgenommen, sondern als Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und soziale Stabilität der sie aufnehmenden „weißen“ Gesellschaften eingestuft würden. 


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