© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/21 / 12. November 2021

Kolonialismus: Jürgen Habermas zum „neuen Historikerstreit“
Sozialer Kitt für bunte Republik
(wm)

Im Unterschied zum Wiener Kollegen Sigmund Freud, für den Sexualität die zentrale Rolle im menschlichen Triebleben spielt, steht in Alfred Adlers Individualpsychologie das Streben des Individuums nach Macht im Mittelpunkt. Häufig prägen sich dabei neurotische Verhaltensmuster aus, um persönlich erlebte soziale Herabsetzungen infolge organisch-körperlicher Beeinträchtigungen zu „kompensieren“. Durch die Brille Adlers betrachtet, verstünde sich Jürgen Habermas’ zwanghafte Behauptung medialer Omnipräsenz selbst im Greisenalter daher als der unablässige Versuch, dieses Erleben auszugleichen. Es wäre daher ein Wunder gewesen, hätte die „philosophische Weltmacht“ (Die Zeit) zum „neuen Historikerstreit“ geschwiegen, der sich seit Monaten um die „Vergleichbarkeit“ von Holocaust und „kolonialen Genoziden“ dreht. Der Experte für alles verteidigt in einem Essay für das Philosophie Magazin (6/2021) zwar die „Singularität“ des Massenmordes an Europas Juden, plädiert aber mit Rücksicht auf den durch Masseneinwanderung geschaffenen Vielvölkerstaat BRD für eine „wichtige Erweiterung“ der Erinnerungskultur. Könnten in der bisher „verdrängten Kolonialgeschichte“ doch zugewanderte „Angehörige anderer kultureller Lebensformen“ ihre „Leidensgeschichte wiedererkennen“, was ihre ideelle Integration erleichtere. 


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