© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/21 / 12. November 2021

Haltungsnote
Aufruhr im Zirkus
Gil Barkei

Die Transformation der BRD in einen 83 Millionen Zuschauer fassenden Zirkus schreitet voran. Treffen pink-gewaschene Werbewirtschaft und polyglott-bunte Politik aufeinander, kommt es dabei zur großen Clown-Show in der Manege. Unter dem Motto „The Länd“ möchte Baden-Württemberg, einst für Weltmarktführer bekannt, künftig für die Region werben. Doch gegen die Fremdscham-Aktion, die zudem unverschämte 21 Millionen Euro kosten soll, formt sich Widerstand. So hat die Badener Stadt Neckargemünd rechtliche Schritte eingeleitet und strengt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen das Staatsministerium an, weil dieses ein Plakat mit der Aufschrift „Willkommen in the Länd“ unterhalb des gleichgroßen Ortsschildes angebracht hatte. Die „Guerilla-Aktion“, in die niemand aus der Stadt eingeweiht wurde, sei „ein Schlag in das Gesicht für alle Vereine und Gewerbetreibende, die ordnungsgemäß eine Plakatierungsgenehmigung benötigen und beantragen“, kritisierte Bürgermeister Frank Volk von den Freien Wählern. Die Beamten in Stuttgart hätten wohl aus ähnlichen Versuchen nichts gelernt, schließlich habe „Die Mannschaft“ auch nicht „als neue Marke“ gegriffen. Volk stellt klar: „Ich bin Kurpfälzer und Badener. Gemäß Volksabstimmung von 1952 bin ich auch Baden-Württemberger. Was ich nicht bin: Teil ‘vom Ländle’ oder nun von ‘The Länd’. Wie weit geht die Verballhornung der deutschen Sprache noch?“.