© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/21 / 19. November 2021

Modellbauer, Simulanten und CO2-Superspreader
14. EIKE-Tagung: Parallel zum Ende des schottischen Klimakonzils wurde in Thüringen zwei Tage lang wissenschaftlicher Klartext gesprochen
Christian Dorn

Während im schottischen Glasgow 40.000 Teilnehmer und Spesenritter aus aller Welt die zweiwöchige UN-Klimakonferenz (COP 26; JF 46/21) verlängerten und Tausende Jungaktivisten Gretas „Blah, blah, blah“ nachäfften, redet Fritz Vahrenholt in Thüringen Klartext: über die drohende Zerstörung der Industrie und des Wohlstands in Deutschland. Ablesbar sei dies bereits an den Energiekosten für den Verbraucher. Deutschland habe nicht nur in Euro und Cent gerechnet, sondern auch kaufkraftbereinigt die weltweit höchsten Strompreise – hinter Armenhäusern wie Ruanda, Mali oder Burkina Faso, so der frühere Hamburger SPD-Umweltsenator im Geraer Kongreßzentrum bei der 14. Konferenz des Europäischen Instituts für Klima und Energie (EIKE).

Welternährungsprobleme durch explodierende Düngemittelpreise

Dabei sei an den explodierenden Gaspreisen nicht Wladimir Putin schuld, sondern vor allem der „Green Deal“ in der EU und die Stillegung von Kohlekraftwerken mit einer Gesamtleistung von 20 Gigawatt (GW), so der 72jährige Chemieprofessor, der jahrelang als Manager bei REpower Systems oder RWE Innogy die deutsche Solar- und Windbranche voranbrachte. Sollte nun auch noch die Gasversorgung über Nord Stream 2 politisch verhindert werden, sei Deutschlands Energieversorgung am Ende. Nach dem kompletten Atomausstieg Ende 2022 verblieben nur noch 83 GW gesicherte Leistung, wobei die Höchstlast bei etwa 80 GW liege. Daher drohten, sobald es Probleme gebe oder das Ausland nicht genügend Strom liefere, zwangsläufig großflächige Stromabschaltungen oder gar ein Blackout. Der allerdings – das machten auch andere Redner deutlich – würde wohl erst der Öffentlichkeit klar machen, welchen Irrweg die forcierte Energiewende eingeschlagen hat.

Zudem habe er „noch kein planwirtschaftlicheres Gesetz gesehen als das deutsche Klimaschutzgesetz“, mit dem den einzelnen Sektoren minutiös der künftige CO2-Ausstoß vorgeschrieben werde. Fassungslos schien Vahrenholt auch ob der Behauptung des Bundesverfassungsgerichts, daß CO2 nicht von der Natur abgebaut werde – dabei werde die Erde immer grüner, pro Jahr gäbe es einen Zuwachs von Pflanzenblättern in der Größe Polens. Künftige Ernährungsprobleme würden durch explodierende Preise bei Düngemitteln und fossilen Energieträgern wie Öl verursacht.

Vor dem Hintergrund des Glasgower Klimagipfels kritisierte Vahrenholt auch die Rolle Chinas, des globalen Hauptexporteurs von Waren aller Art, das dennoch weiter als „Entwicklungsland“ firmiere. Entscheidende Kennzahl dürfe nicht das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf sein, sondern die CO2-Emissionen im Verhältnis zum BIP. Bei diesem „CO2-Fußabdruck“ liege China an der Spitze. Sprich: Aus Deutschland nach China abgewanderte Produktion werde dort keineswegs „nachhaltiger“ hergestellt. Hier räumte Vahrenholt auch mit der Mär von der „Klimaschuld“ auf: So seien in Deutschland die CO2-Emissionen seit 1990 um etwa 40 Prozent reduziert worden. Bei den CO2-Emissionen der vergangenen 50 Jahre lägen die USA mit 250 Milliarden Tonnen an der Spitze, gefolgt von China mit 225 Milliarden. Deutschland liege – inklusive der DDR mit 45 Milliarden Tonnen – erst an sechster Stelle.

Atomkraft als Teil der Lösung in der globalen Energieversorgung

Hierbei gab es Zuspruch aus den USA, etwa durch James Taylor, Präsident des libertären Chicagoer Heartland-Instituts, das in der Klimadebatte erfolgreich eine Gegenöffentlichkeit organisiert. So glaubten die Hälfte der US-Amerikaner nicht an eine Klimakrise, während die europäischen Leitmedien ihr Publikum mit hysterischer Propaganda überfluteten. Die angereisten Politiker, Konferenzteilnehmer und Demonstranten seien die eigentlichen „CO2-Superspreader“, so Taylor.

Bemerkenswert waren weiter die Vorträge des dänischen Astrophysikers Henrik Svensmark und seines Fachkollegen Nir Shaviv (Hebräische Universität Jerusalem), die überzeugend darlegten, daß das Erdklima maßgeblich durch die Sonne und die kosmische Strahlung beeinflußt werde. Der US-Strahlenforscher William Happer zeigte, daß Wolken eine mindestens so große Rolle für das Klima spielten wie Treibhausgase. Der Geologe Sebastian Lüning, Co-Autor des mit Vahrenholt verfaßten Buches „Unerwünschte Wahrheiten“ (JF 7/21), wies durch eine Kalibrierung nach, daß es in Deutschland keine Zunahme von Extrem-Wetter-Ereignissen gebe. Auch die Flutkatastrophe im Ahrtal sei kein Beweis dafür. Der Klimatologe John R. Christy (University of Alabama), der selbst an Berichten des Weltklimarats (IPCC) mitgewirkt hatte, sah hierbei bloße Modellbauer und Simulanten am Werk: Permanent würden nachträglich Temperaturen angepaßt und Daten „hingebogen“.

Es gab allerdings auch Verbindendes zwischen Glasgow und Gera: Die Kernenergie wurde als Möglichkeit der Energieerzeugung nicht verteufelt. Nur fünf der 27 EU-Länder – Deutschland, Dänemark, Luxemburg, Österreich, Portugal – warnten auf der COP 26 ausdrücklich vor einer AKW-Renaissance. Der EIKE-Referent Götz Ruprecht, Kernphysiker und Chef der Firma Dual Fluid Energy, der mit Fachkollegen in Berlin einen neuartigen und sicheren Reaktortyp entwickelt hat, ist sich sicher, daß auch Deutschland in einigen Jahren wieder in Atomstrom investieren muß. Doch so lange wolle er nicht warten: Ein erster „kritischer Demonstrator“ soll nun in Kanada realisiert werden. 

Europäisches Institut für Klima und Energie (EIKE): eike-klima-energie.eu