© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/21 / 19. November 2021

„Bürgerlichkeit“ der CDU war schon vor Merkel passé
Zentrale Kraftquellen versiegt
(dg)

Die Niederlage ihres Kanzlerkandidaten Armin Laschet dürfte selbst politisch Naiven gezeigt haben, daß die CDU zu einer „kulturell und programmatisch überständigen Partei“ geworden ist, deren „Sinkflug“ sich, begleitet von scharfen innerparteilichen Richtungskämpfen, noch beschleunigen werde, wie der Sozialwissenschaftler und Politikberater Tobias Dürr im SPD-Theorieorgan Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte (10/2021) zu prognostizieren wagt. Dürrs Gewißheit bezüglich der düsteren Zukunft der einstigen deutschen „Hegemonialpartei“ speist sich aus seiner Analyse der „zentralen Kraftquellen“ der CDU zur Zeit der Bonner Republik: der ideellen Ressource „Anti-Sozialismus“ und den „Maß und Mitte“ verkörpernden bodenständigen Lokaleliten der bundesdeutschen Gesellschaft. Erstere versiegte bald nach dem Mauerfall, während Appelle an Maß und Mitte haltende „Bürgerlichkeit“ spätestens seit 2005 ins Leere liefen, als im soziokulturell „immer heterogeneren Deutschland“ mit der „Partei-Außenseiterin“ Angela Merkel die Ära des reaktiven „Durchwurschtelns“ einsetzte. Als ideenlose Machtpragmatikerin habe die Kanzlerin daher auch kein konservatives „Tafelsilber“ mehr verschleudern müssen, wie CDU-Nostalgiker gern beklagen, sondern lediglich den CDU-Realitäten Rechnung getragen. 


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