© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/21 / 19. November 2021

Reinigung für Raritäten
Vinyl: Schallplatten lassen sich kostengünstig und mit wenig Aufwand aufbereiten
Eric Steinberg

Für die einen sind sie schwarzes Gold, für die anderen nur Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit: Schallplatten. Dabei ist die Vinyl so beliebt wie lange nicht mehr. Im Vergleich zu 2019 stieg der Absatz bei Plattenverkäufen 2020 um 21,9 Prozent. Der Boom ist für viele ein Grund, die fast vergessenen Plattenkisten wieder aus dem Keller hervorzuholen. Moderig, kratzig und verstaubt sind sie jedoch nicht gleich ein Genuß für die Ohren. Für die meisten Schätze gibt es trotzdem Rettung: eine Reinigung. 

Im Internet werden unzählige Wege angepriesen, um den Dreck aus den feinen Rillen der Platten zu spülen. Ob dort empfohlene Methoden wie der Waschgang in der Spülmaschine zum besseren Hör­erlebnis beitragen, kann bezweifelt werden. Wie es ganz sicher funktioniert, weiß Stefan Wolter. Der Plattenhändler wäscht fast jede Vinyl, die er in seinem Laden „Sound Vinyl Store“ in Berlin-Kreuzberg verkauft, selbst. „Jede Platte ab zwei Euro wird gewaschen“, sagt der 53jährige.

Das gehe auch zu Hause ohne großen Aufwand. Destilliertes Wasser, Taschentücher und Isopropyl-alkohol, den es in jeder Apotheke gibt, sind die bewährtesten Hilfsmittel. Unter Verwendung von normalem Leitungswasser besteht die Gefahr, daß die Platten verkalken. Der Alkohol schützt die Vinylscheibe nach dem Waschgang vor einer statischen Aufladung, so daß sie nicht zum Staubfänger verkommt. Bei der eigentlichen Reinigung sollte das Mischverhältnis von Wasser und Alkohol ungefähr 70 zu 30 sein, meint Wolter. Der Rest sei eigentlich ganz einfach: „Wenn man das Taschentuch richtig naß macht, kann man ungefähr zehnmal im Kreis wischen und die Platten mit trockenen Tüchern wieder abwischen.“

Mini-Waschanlage mit Bürsten und Spülmittel

In seinem Geschäft, das er seit 2015 betreibt, nutzt der Händler zum Waschen die Profi-Variante. Sein Gerät kostet mehrere hundert Euro. Dort werden die Platten wie bei anderen Plattenspielern aufgelegt, in diesem Fall jedoch mit Wasser besprüht und abgebürstet. Wasserreste werden im Nachgang weggesaugt. Die Waschanlage ist notwendig. Neben dem Sortieren und Bepreisen mache er fast den ganzen Tag nichts anderes, außer Platten zu waschen, sagt Wolter. Täglich kommen Verkäufer zu ihm ins Geschäft, die ihre alten Scheiben in bares Geld umtauschen möchten. 

„Das Auflegen ist eine kleine Zeremonie“ 

Die Leidenschaft des Händlers für Schallplatten begann schon früh. Die ersten Vinyl, die er sich selbst gekauft hat, waren die des King of Rock’n’Roll: „Als Elvis gestorben ist, habe ich seine Scheiben gekauft. Da war ich neun Jahre alt.“ Als Jugendlicher habe er dann schließlich angefangen zu sammeln und später neben seinem früheren Beruf als Baggerfahrer auch Schallplatten verkauft. Aufgrund von gesundheitlichen Problemen hat er schließlich umgeschult und das Hobby zum Beruf gemacht. Seine private Sammlung umfaßt mittlerweile 1.400 Lieblinge. Das Gefühl, wenn er Platten hört, beschreibt er so: „Das Anschauen und Auflegen der Platte ist für mich wie eine kleine Zeremonie. Wenn man schlecht gelaunt ist und einen schönen Titel auf Vinyl hört, dann kann einen das wirklich aufbauen.“ 

Damit diese Gefühle aufkommen, braucht es aber eine saubere Platte. Zur Reinigung gibt es neben der Profi-Methode und der Taschentuch-Anwendung auch noch eine semi-professionelle Variante. Für gut 40 Euro lohnt sich der Kauf einer kleinen, manuellen Plattenwaschmaschine. Das kleine schlitzartige Gerät wird ebenfalls mit der beschriebenen Flüssigkeit befüllt. Auch ein halber Tropfen Spülmittel könne hinzugegeben werden, verrät der Plattenhändler. Beim Drehen der Platte helfen integrierte Bürsten, den Schmutz zu entfernen. Der Aufwand ist insgesamt größer: „Man benötigt noch ein zweites Becken mit reinem destilliertem Wasser, um die Seifenreste vollständig zu entfernen“, weiß Experte Wolter. Im Anschluß können die Platten einfach getrocknet werden. Wichtig sei dann, auch die alten Innenhüllen der Platten auszutauschen, da sich auch dort Staub und Dreck ansammeln können. „Die gibt es schon für 20 Cent im Internet zu kaufen“, berichtet der Händler. 

Die drei Reinigungsvarianten geben Hoffnung, daß echte Lieblingsplatten auch in Zukunft noch ihre Spielzeit verlängern können. Die Verschmutzungen aus Kellerzeiten und wilden Partys sind schließlich kein Endgegner für das schwarze Gold.

Foto: Wie den Muff von alten Hüllen und Kellerkartons entfernen?: Schwarzes Gold