© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/21 / 19. November 2021

Haltungsnote
Stilvolle Verweigerung
Gil Barkei

Die Bundesrepublik im Zeichen der Raute. Zwar durch Verlegenheit entstanden – wohin mit den Händen? –, entblödeten sich deutsche Journalisten und Politwerber nicht, die einer gewissen Unsicherheit geschuldete Kanzlerinnen-Geste als Label zu verklären. Und so mancher CDU-Karrierist tauschte sein Rückgrat gerne gegen Muttis Markenzeichen und adaptierte das „Merkel-Dach“ für öffentliche Auftritte. 

In Zeiten von Corona kam ein weiteres Handzeichen hinzu: die „Brofist“. Billig bei Barack Obama abgekupfert, rangiert sie irgendwo zwischen ganggeprägter US-Vorstadt und provinzieller Etiketten-Ahnungslosigkeit. Aber wem fällt das schon auf, wenn wegen Corona-Regeln von Handschlagsvermeidung bis Kontaktverbot eine ganze Gesellschaft zu sozialen Autisten erzogen wird. Und so faustet sich auch die Noch-Kanzlerin durch die Weltgeschichte. Einer, der das auf dem diplomatischen Parkett dann doch zu peinlich ist, war vergangene Woche die dänische Königin Margarethe II. Bei der Begrüßung durch Merkel, verweigert die skandinavische Monarchin ihr die Erwiderung der ausgestreckten Faust.

Die Bilder vor dem Kanzleramt laden eher zum Wegschauen als zum Hinsehen ein – so wie die Bilanz nach 16 Jahren Angie. Wie die 81jährige Königin zu dem Lob kommt, Merkel sei „eine extrem fähige Frau“, bleibt daher schleierhaft. Aber Stil- sind ja auch immer öfter keine Politikfragen.