© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/21 / 26. November 2021

Aufgeschnappt
Ausgeladen und vergessen
Mathias Pellack

Die Schulbehörde im kanadischen Toronto schenkt der Welt einen weiteren Treppenwitz der Hypersensiblen und Erweckten. Die übereifrige Behörde zog jüngst ihre Unterstützung für einen Leseclub unter jungen Mädchen im Alter von 13 bis 18 Jahren zurück, nachdem die Einladung der Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad bekannt wurde. Diese setzt sich für Jesiden ein, die in den jüngsten Kriegen in Irak und Syrien schwerste Mißhandlungen erlitten haben. Murad, die in ihrem Buch „Ich bin eure Stimme: Das Mädchen, das dem Islamischen Staat entkam und gegen Gewalt und Versklavung kämpft“ auch über ihre dreimonatige Gefangenschaft in den Fängen des Islamischen Staates berichtet, wurde ausgeschlossen, weil die Berichte der 28jährigen Irakerin unter den Zuhörerinnen „Islamophobie“ begünstigen könnten, hieß es laut Le Figaro. Auch die Verteidigung, eine Terrororganisation sei bestimmt nicht dasselbe wie der Islam, brachte die Behörde nicht zur Einsicht. Die Schulverwaltung sucht also die Gefühle der unbedarften Schülerinnen vor einer emotionalen Herausforderung zu schützen, stößt damit die gefolterte Jesidin brüsk vor den Kopf und trägt zum Vergessen dieses echten Leids bei.