© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/21 / 26. November 2021

Die deutsche Industrie beklagt sich über hohe Energie- und Strompreise
Koste es, was es wolle
Jörg Fischer

Kaum ist die UN-Klimakonferenz (COP 26) vorbei, wird die nächste mediale Panikrakete gezündet: Heute Achtzehnjährige in Deutschland würden „in ihrem Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit dreizehn extreme Hitzewellen mitmachen, dreimal mehr als die Generation ihrer Eltern“, warnt der Sender RBB Inforadio. Das sei das Ergebnis einer Modellrechnung von Wim Thiery (Freie Universität Brüssel) und Katja Frieler (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung). Daß der Kölner Dom versinkt oder Hamburg komplett von der Nordsee verschluckt wird, behaupten die beiden nicht, sie warnen vor Hochwasser, Dürren, Waldbränden, Orkanen und Mißernten.

Doch das sei nicht unausweichlich: Bei einer Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad – statt auf 2,4 Grad – würden sich in Europa die Aussichten auf gute Ernteerträge sogar verbessern. Sprich: Die menschenverursachten CO2-Emissionen müssen schnellstens reduziert werden – die COP-Versprechungen reichen nicht. Die beiden Schüler, die im RBB stolz erzählten, sie seien Vegetarier, gingen zu Klima-Demos, kauften Second-Hand-Mode und nutzten „fast nur“ Fahrrad und ÖPNV, ändern am Weltklima nichts. Selbst wenn alle Deutschen so lebten, die CO2-sündige Industrie komplett geschlossen und im Winter das „fossile“ Heizen eingestellt würde, bliebe der globale Temperaturanstieg unbeeinflußt –unsere Volkswirtschaft ist nur für 1,8 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich.

Dennoch soll bis 2045 „Klimaneutralität“ in Deutschland durchgesetzt werden – koste es, was es wolle. Die inflationsbedingten Klagen der Industrie über hohe Energiepreise und der Schock über die private Gas- und Stromrechnung sind im Vergleich zu dieser radikalen „Energiewende“ nur ein laues Lüftchen. Und im Zweifel wird einfach ein  Standortwechsel vollzogen – der erfolgreichen deutschen Auto-, Chemie-, Metall- oder Papierindustrie stehen nicht nur europaweit alle Tore offen. Fabrikverlagerungen aus Lohnkostengründen haben sich oftmals gelohnt – zumindest für die Anteilseigner der Firmen. Wenn nun den verbliebenen Unternehmen auch noch der „Saft“ abgedreht wird, war es das mit dem Industriestandort Deutschland – und auch mit dem Sozialstaat.

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