© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/21 / 26. November 2021

Marktwirtschaft braucht eine harte Währung
Forum Freiheit 2021: Liberale Denker debattierten in Potsdam über China, das Klima, Inflationssorgen und die herrschende Staatsgläubigkeit
Christian Dorn

Laut dem griechischen Strategen Perikles ist das Geheimnis des Glücks die Freiheit, „das Geheimnis der Freiheit aber der Mut“. Den braucht es angesichts der jüngsten Bundestagswahl und der Ampel, und so paßte es gut, daß sich auch das diesjährige, von erklärten Liberalen veranstaltete „Forum Freiheit“ in Postdam den „Zukunftsperspektiven der Freiheit“ widmete. Stefan Kooths, Präsident der Hayek-Gesellschaft, warnte einleitend vor dem kolportierten Narrativ der „Klimakatastrophe“. Impliziere diese Wortwahl doch, daß keine Zeit mehr bleibe für demokratische Entscheidungsprozesse, sondern nur noch die Wahl zwischen Untergang und einem autoritären Regime bestehe. Sprich: Klimadiktatur.

Beispielhaft verkörpere dies die „Fridays for Future“-Parole „Burn capitalism, not coal!“ Um so mehr verwies der Direktor des Konjunkturforschungszentrums des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) auf das „Jahrhundertwerk“ Friedrich August von Hayeks, die 1960 in Chicago erschienene „Verfassung der Freiheit“, die darlege, wie Gesellschaft und Wirtschaft zum größtmöglichen Wohl aller organisiert werden. Das Hauptübel, so Kooths, bleibe die Staatsgläubigkeit, die nun sogar unter dem „Etikett des Liberalismus“ verbreitet werde – etwa von Minouche Shafik, Direktorin der London School of Economics, oder der Politökonomin Maja Göpel, Mitgründerin der grünennahen „Scientists 4 Future“. In der Diskussion über „Deutschland im Standortwettbewerb“ wies Erich Weede (Uni Bonn) darauf hin, daß Politiker – im Unterschied zu Unternehmern – mehr Möglichkeiten besäßen, ihre eigenen Fehler zu vertuschen.

Bereit, das Land aus humanitären Gründen zu ruinieren

Mit Blick auf den Faktor „Humankapital“, der durch die aktuelle Migrationspolitik immer mehr verschlechtert werde, verwies der Soziologe auf den Bildungsforscher Heiner Rindermann (TU Chemnitz), der in seinem Buch „Cognitive Capitalism: Human Capital and the Wellbeing of Nations“ (Cambridge 2018) zeige, daß die Durchschnittsintelligenz eines Landes entscheidender sei als die jeweilige Intelligenz des Bürgers: Wären die deutschen Politiker ehrlich, müßten sie zugeben, daß sie „bereit sind, das eigene Land aus humanitären Gründen zu ruinieren“.

Bernd Lucke, bis 2015 AfD-Bundessprecher, kritisierte den Exportweltmeister China, der mit seinen Subventionen sukzessive auch die marktwirtschaftlichen Strukturen im Westen zerstöre. Die Volksrepublik müßte daher – gemäß den Regeln der Welthandelsorganisation WTO – wegen unlauteren Wettbewerbs mit viel stärkeren Sanktionen belegt werden. Im Prinzip, so der Hamburger VWL-Professor, sei „inzwischen ganz China eine Sonderwirtschaftszone“. Der ehemalige EU-Parlamentarier forderte ein couragierteres Auftreten der politischen Eliten und verband dies mit einem „flammenden Plädoyer, daß wir Taiwan in die WTO aufnehmen“.

Doch dies sei, so entgegnete Weede, „gemeingefährlich“ und befördere den drohenden „Krieg in der Taiwan-Straße“. Zudem produziere Taiwan einen Großteil seiner global gefragten Elektronik-Chips bereits heute im Reich der Mitte. Und: Das Kriegsrisiko zwischen China und dem Westen steige mit sinkender wirtschaftlicher Verflechtung, warnte der 79jährige Weede, der in seiner langjährigen akademischen Karriere auch in der Friedensforschung mitwirkte. Gemeinsam jedoch wandten sich beide Professoren gegen das deutsche Lieferkettengesetz, das in der Praxis den betroffenen Produzenten und Ländern schade, da die umstrittene Produktion erfahrungsgemäß nur in eine andere Nation verlagert würde.

In der Diskussionsrunde über den „Inflationsdruck – gekommen um zu bleiben“ rekapitulierte Thorsten Polleit (Mises-Institut) die drei kritischen Faktoren von „Fiatgeld“ wie Dollar, Euro & Co.: staatlich monopolisiert, ständig erhöhte Geldmenge via Kreditvergabe, weitgehend entmaterialisiert. Das Ergebnis sei inflationär, vergrößere die Einkommensschere, mache den Staat immer mächtiger und treibe diesen gleichwohl in die Überschuldung. Die Kreditausfallsorgen würden derzeit „betäubt“ mit Anleihekäufen der Zentralbanken. Die geschaffenen Geldmengen befeuerten vor allem die Aktien- und Hauspreis-Inflation – sprich: EZB-Zins runter, Immobilienpreis hoch.

Gunther Schnabl (Uni Leipzig) verwies auf den umstrittenen Harmonisierten Verbraucherindex (HVPI): Darin würden „Qualitätsverbesserungen“ genutzt, um die in den Läden gemessenen Preise in der Statistik nach unten zu korrigieren – eine Methode, deren Ursprung in den USA liegt. Preismessungen erfolgten nicht mehr bei Einzelhändlern, sondern bei Handelsketten. Zu beobachten seien auch immer billigere Produkte mit sich verschlechternder Qualität. Gütergruppen, deren Preise von der EZB-Geldpolitik stark beeinflußt werden, würden bei der Inflationsmessung im Euroraum ausgeklammert, etwa Immobilien, Aktien und öffentliche Güter. Mieten würden berücksichtigt, der Preis der eigengenutzten Immobilie bleibe aber außen vor. Deshalb habe er nur „sehr wenig Vertrauen“ in den Inflationsindex. Grundsätzlich, so Schnabel mit Blick auf die D-Mark, gelte es, sich zu erinnern: „Die Marktwirtschaft hat immer das Rückgrat einer harten Währung.“

Die Vorträge finden sich demnächst auf Youtube: hayek.de