© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/21 / 03. Dezember 2021

„Überheblich und moralbesoffen“
Er brachte im Sommer Annalena Baerbock fast zu Fall: Trotzdem ist sein Name kaum jemandem bekannt. Nun kommen die Grünen doch an die Macht. Warum kämpft der Informatiker Hadmut Danisch mit seinem Blog, der als Geheimtip gilt, seit Jahren mit aller Kraft dagegen an?
Moritz Schwarz

Herr Danisch, wer ist eigentlich dieser „Blogger aus Berlin“, wie ihn die Medien umschrieben, der im Sommer die Lebenslauf-Lügen unserer kommenden Außenministerin aufgedeckt hat?

Hadmut Danisch: Das ist so einer wie Lord Voldemort – der finstere Gegenspieler aus „Harry Potter“. 

Sie führen Böses im Schilde?

Danisch: Nein. Aber viele Journalisten sehen es so, scheuen sich, meinen Namen auszusprechen, und sagen nur: „Ein ‘Blogger aus Berlin’. Psst, du weißt schon wer!“ 

„Ob alles nur auf ihn zurückzuführen ist, ist umstritten. Auf jeden Fall aber kann Hadmut Danisch einen großen Teil des Ruhms für sich beanspruchen“, schrieb diese Zeitung im Juli über Sie. Wie groß ist Ihr Anteil an der Demaskierung Baerbocks tatsächlich?  

Danisch: In einem – man muß schon sagen – Propagandainterview der Süddeutschen Zeitung mit ihr hieß es, sie habe den Bachelor gemacht, zu einer Zeit, als es den an ihrer Uni noch nicht gab. Ich stutzte und begann zu recherchieren. Und das wurde dann zur Initialzündung für die Serie von Aufdeckungen bezüglich ihres Lebenslaufs. 

Und für den Niedergang des grünen Wahlkampfs. 

Danisch: Ja. Wobei die Frage ist, ob es, wenn nicht mir, jemand anderem aufgefallen wäre – oder wenn nicht, ob Baerbock nun Kanzlerin werden würde. Ich habe das aber nur angestoßen, den Absturz bewirkt haben Baerbock und die Grünen selbst: Massive Selbstüberschätzung, obwohl ihre Unzulänglichkeit doch bekannt war. Denken Sie nur an den Unsinn, den sie zuvor schon immer wieder erzählt hat. Die Grünen waren aber so überheblich und moralbesoffen, daß sie glaubten, sie könnten dem Wähler alles vorsetzen, weil er ihnen moralisch untertan sei. Es zeigt auch, daß die Grünen und Baerbock nur von Machtgier, Geltungssucht und Frauenquote geleitet werden. Ginge es ihnen um Klima und Umwelt, hätten sie jemand Qualifiziertes aufgestellt.

Nun wird sie allerdings Außenministerin.

Danisch: Man muß journalistisch fair sein und abwarten, wie sie sich macht. Ich glaube aber, es ist ein schwerer Fehler der Koalition, das wird nichts. 

Warum nicht?

Danisch: Zum einen, weil ich sie – mit der Einschränkung, daß ich sie nicht persönlich kenne – für ungeeignet halte. Schon die Art, wie sie gelogen hat. Ich kenne Hochstapler ja von der Uni. Oft haben diese Leute durchaus Fähigkeiten, und es ist schwer, ihnen auf die Schliche zu kommen. Bei Baerbock dagegen reichte googeln. Keine gewitzte Scharlatanin, eher plump, eigentlich ziemlich dumm. Die auf diplomatischem Parkett? Zum anderen ist sie von jener arroganten Naivität, die die Grünen seit langem zeigen: Daß Frauen – jede einzelne – alles, und alles besser können. Daß sie einzig deshalb nicht auf allen Posten sitzen, weil sie unterdrückt werden. Daß es reicht, sich gegen Männer durchzusetzen und ein Amt zu erlangen, alles andere finde sich dann. Qualität gilt nach feministischer Doktrin nur als Mythos und Mittel männlicher Vormachtssicherung. Entscheidend ist da nicht, ob eine Frau ein Amt beherrscht, sondern nur, daß sie es erlangt – egal wie.

Demnach wären Ämter nicht dazu da, dem Volk zu dienen, sondern um von Frauen besetzt zu werden? 

Danisch: Genderisten sehen ein Amt nicht als Auftrag, sondern als gesellschaftliche Machtposition. Denn sie glauben nicht, daß man Wissenschaftler ist, sondern nur gesellschaftlich dafür gehalten wird, daß darüber also der „Diskurs“ bestimmt. Daher das Gendersprech, um zu erzwingen, daß Frauen als Wissenschaftler wahrgenommen werden. Und daher ist es auch so wichtig, daß man sie erst mal in die Posten drückt, auch wenn sie nichts können.

Aber vielleicht verlieben sich die Deutschen nun neu in die Grünen – falls nicht in Baerbock, dann in Wirtschaftsminister Habeck. So wie 1998 bis 2005 in Joschka Fischer, der vom ehemaligen Bürgerschreck zum damals mit Abstand beliebtesten Politiker avancierte.

Danisch: Nein, denn die Lage ist eine ganz andere. Damals waren die Grünen die kleinen Strolche – junge Wilde, und Joschka Fischer der freche „Turnschuhminister“ aus Hessen: „Herr Präsident, mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch!“ Heute aber haben die Grünen keinen Außenseiterbonus mehr, sondern den Anspruch, das ganze Land umzubauen. Sie werden also anders gemessen werden. Zudem gab es damals kein Corona, kein Migrationsproblem dieses Ausmaßes, keine solche Miet- und Preis­explosion und so weiter. Daran werden die Grünen nun gemessen werden. Sehen Sie sich Robert Habeck an – man merkt, daß er nicht einmal selbst überzeugt ist, zu schaffen, was er verspricht. Aber das ist nur meine Prognose. Auch hier sollte man warten, bis sie regieren, und sie fair und sachlich beurteilen – aber zügig. Hundert Tage Schonzeit geht gerade nicht, die hatten sie auch schon.  

In der Lügen-Affäre Baerbocks sprachen die Grünen zunächst von „Rufmord“, andere ihrer Verteidiger von Kampagnen rechter Blogger. Sind Sie rechts? 

Danisch: Nein. Ursprünglich war ich unpolitisch, interessierte mich als Informatiker nur für Technik und Wissenschaft. Und das wäre wohl auch so geblieben, hätte man mir nicht vor Jahren die Karriere zerstört. Außerdem wende ich mich zwar gegen Ideologisierung, Manipulation und Korruption, vertrete dabei aber keine eigene politische Weltanschauung, sondern einen – soweit möglich – neutralen, kritisch-wissenschaftlichen Standpunkt. Kennen Sie Waldorf und Statler?

Klar, die beiden Grantler aus der Muppet-Show. 

Danisch: Genau, die zwei alten weißen Männer, die die lächerliche Pleiteshow auf der Bühne von einer Seitenloge aus kritisch kommentieren und sarkastisch verspotten, aber keine eigenen Ziele verfolgen. So sehe ich mich als Blogger. 

Auf die eingangs gestellte Frage, wer Sie sind, haben Sie einmal geantwortet: „Der wütende alte weiße Mann.“

Danisch: Das stimmt ja auch, schließlich bin ich weiß, nicht mehr jung und oft recht wütend. 

Sonst will das aber keiner sein.

Danisch: Warum denn nicht? Ich bilde mir darauf sogar etwas ein! Denn die heute alten Männer, also die Babyboomer, sind die Leistungsträger und haben maßgeblich den jetzigen Wohlstand aufgebaut. Wenn wir in Rente gehen, wird das die Gesellschaft erheblich spüren. 

Weil „wütende, alte weiße Männer“ ein linkes Codewort für „Sexisten – Rassisten – Rechte“ etc. ist.  

Danisch: Es ist linke Diffamierungspraxis, Kritiker zu stigmatisieren. Tatsächlich wird hierzulande – aus den USA kommend – längst systematisch ein Rassismus gegen Weiße herangezüchtet. Und nicht nur gegen Männer: Beklagt eine weiße Frau sexistisches Verhalten nichtweißer Männer, gilt sie ebenfalls oft schnell als „rechts“. Dabei sind viele Kritiker der Linken nicht nur keine Rechten, sondern Linke, die die linksideologische Eskalation nicht mitmachen. Oder unpolitische Menschen, die den Linken in die Quere kommen oder von ihnen mit immer neuen Ge- und Verboten drangsaliert werden. Wenn man dann wie ich immer wieder aufdeckt, daß das, was sie uns unter den Etiketten Gleichberechtigung, Gender, Antirassismus, Gerechtigkeit etc. als notwendig verkaufen, eine ganz dreckige, korrupte, verlogene, ja kriminelle Seite hat, wird man diffamiert und verleumdet, weil das die linke Strategie bedroht. Manchmal werde ich gefragt, warum ich mich nicht auch mit Rechten beschäftige. Prinzipiell würde ich das tun, aber sie sind es nun mal nicht, die mich schikanieren und schädigen.

Sie haben einmal gesagt: „Ich habe den Betrug gesucht – und die Linken gefunden.“ 

Danisch: Ja, 1998 stand ich an der Uni Karlsruhe kurz vor der Promotion – als mir mein Doktorvater völlig überraschend erklärte, meine Arbeit sei inakzeptabel und voller Fehler. Das war dubios, nicht nur weil er sie bis dahin auf bestem Wege gesehen, mir sogar eine Auszeichnung zugesichert sowie den Prüfungstermin festgelegt und mich überdies als seinen Ghostwriter eingespannt hatte, sondern auch, weil ich nun plötzlich unbedingt das Thema wechseln und dringend für die Fakultät arbeiten sollte. So lernte ich die Machenschaften im Wissenschaftsbetrieb kennen, wie korrupt dieser tatsächlich ist und wie wenig er mit dem Ideal der Wissenschaftlichkeit zu tun hat, und wie viele solcher Fälle es gibt. Heute habe ich – bei ungebrochen höchstem Respekt vor der Wissenschaft an sich – jeden Respekt vor dem Wissenschaftsbetrieb, den Universitäten, den Professoren verloren. All das hat mit Wissenschaft nichts mehr zu tun.  

Aber was hat dieser Betrug mit den Linken zu tun? 

Danisch: Ich legte dagegen Verfassungsbeschwerde ein. Diese wurde aber ohne Angabe von Gründen gar nicht erst angenommen – obwohl laut Bundesverfassungsgerichtsentscheid von 1991 berufsbezogene Prüfungen, ihre Anforderungen und Bewertungsmaßstäbe, einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und das nicht einfach den Professoren überlassen werden darf. Da begann ich mich mit der Verfassungsrichterin zu beschäftigen, die meine Beschwerde verfassungs- und verfahrensrechtswidrig zurückgewiesen hatte – während jeder Quark, etwa Geschlechtseintrag im Reisepaß, entschieden wird: Susanne Baer, eine auf Vorschlag der Grünen ernannte Genderprofessorin. 

Steckt dann hinter Ihrer politischen Kritik in Wahrheit vielleicht nur ein privater Rachefeldzug? 

Danisch: Das ist mir immer wieder vorgeworfen worden, doch so einfach ist es nicht. Ich verhehle ja nicht, daß meine Motivation persönlicher Betroffenheit entspringt, entscheidend ist aber, daß ich feststellte, aus was für einem geschlossen linken Weltanschauungsmilieu die Frau stammte. Vorher hatte ich mich mit linker Ideologie kaum beschäftigt, nun wurde mir klar, was für eine wissenschafts- und verfassungsfeindliche Ideologie und Orthodoxie das ist. Daß es für Gender Studies keinerlei wissenschaftliche Grundlage gibt, obwohl immer wieder behauptet wird, es existierten dazu „150 Meter Literatur“. Daß meine intensive Beschäftigung mit dem Thema unerwünscht war. Daß kritische Nachfragen auf Arroganz und Aggression stießen und mir Auskünfte und Einblicke, selbst von Universitäten, unter fadenscheinigsten Gründen verwehrt wurden, ich diese teils vor Gericht durchsetzen mußte. Daß mir sogar abgesprochen wurde, mich am Diskurs beteiligen zu dürfen, mit dem absurden „Argument“, ich sei ja nur Informatiker oder ich wohne – damals – in Bayern. Wenn man das Material sehr genau liest, findet man sogar Stellen, die zugeben, daß alles nur eine Annahme, eine Arbeitshypothese ist, für die man keinerlei Beleg oder nachvollziehbaren Grund oder Gedanken hat: Reine Spekulation und Rabulistik, Schwindel, Fake, Betrug, frei erfunden!  

Wie ist es dann möglich, daß Gender inzwischen in Politik, Medien, Wissenschaftsbetrieb und gesellschaftlichen Institutionen als wissenschaftliche Wahrheit gilt? 

Danisch: Weil jeder sofort brutal angegriffen wird, der kritisch fragt – auch mit dem „Rechts“-Vorwurf, ganz egal, ob er das ist oder nicht. 

Sie meinen, es ist so absurd, als würden Politik, Medien etc. plötzlich behaupten, die Erde sei eine Scheibe?

Danisch: Sogar noch absurder, denn diese Behauptung läßt sich leicht widerlegen, da sie auf geäußerten, aber falschen, widerlegbaren Schlüssen beruht. Gender Studies dagegen beruhen nicht auf Schlußfolgerungen, nicht mal auf falschen, sondern sind ohne jede Herleitung willkürlich ins Blaue erfunden und behauptet. Und sie sind obendrein so perfide, daß sie sogar ihre empirische oder wissenschaftliche Widerlegung als einen Beweis für ihre Richtigkeit und Erforderlichkeit ausgeben: Ihre Widerlegung sei also keine Widerlegung, sondern nur eine Abwehrstrategie des „Patriarchats“. Und je mehr Fehler man nachweist, desto mehr zeige genau das, wie dringend nötig sie seien, um die sich in dieser „Abwehr“ manifestierende Männermacht endlich zu brechen. Teils wird also sogar das wissenschaftliche Prinzip an sich – daß etwas gedanklich nachvollziehbar, beschreib- und nachweisbar sein muß – als patriarchaler Unterdrückungsmechanismus angegriffen. Eine solche Umkehr erleben wir in immer mehr Bereichen. Zum Beispiel auch bei den Grundrechten, die eigentlich den Bürger vor dem Staat schützen sollen, zunehmend aber umgekehrt werden, um Staatshandeln gegen den Bürger zu legitimieren. Ich halte daher unsere Demokratie bereits für außer Kraft gesetzt. Wir sind nur medial schon zu sehr manipuliert, um es noch zu bemerken. 






Hadmut Danisch, sein Blog „Ansichten eines Informatikers“ gilt als populärer, politisch unkorrekter Geheimtip. Geboren wurde der seit 2014 in Berlin lebende Computerfachmann 1966 in Mannheim. 2012 veröffentlichte er im Eigenverlag sein Buch „Frauenquote. Wie die Gender-Ideologie Politik, Wissenschaft, Recht und Verfassung unterwandert“. 

Foto: Ampeltrio Baerbock, Habeck, Scholz: „Anders als (bei Rot-Grün) 1998 haben die Grünen keinen Außenseiterbonus mehr. Corona, Migration, Mieten, Preise, daran werden sie gemessen werden“