© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/21 / 03. Dezember 2021

EZB-Mitarbeiter fordern automatischen Inflationsausgleich
Ungeschützt in Frankfurt
Dirk Meyer

Die Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank (EZB) scheinen hinsichtlich der Inflationserwartungen pessimistischer zu sein als ihre Chefin Christine Lagarde. So schütze die von der EZB angebotene Gehaltserhöhung von 1,3 Prozent „unsere Gehälter nicht mehr vor der Inflation“, findet die zuständige Fachgewerkschaft IPSO. Sie plädiert stattdessen für eine Indexierung, bei der die Löhne automatisch an die Inflationsrate angepaßt werden. Ein Problem entsteht hierbei in der freien Wirtschaft, wenn die tatsächliche Inflationsrate niedriger als erwartet ausfallen sollte. Die Arbeitgeber müßten dann höhere Reallöhne zahlen als ursprünglich geplant.

Dies führt zu Arbeitslosigkeit, wenn dies nicht ein unerwartet hoher Produktivitätsanstieg ausgleicht. Deshalb stößt diese Methode häufig auf Ablehnung, insbesondere bei Notenbanken, die sich in ihrer Geldpolitik eingeschränkt sehen. Entsprechendes äußerte Lagarde kürzlich bei einer Anhörung des EU-Parlaments. Hinzu kommt, daß die bisher übliche EZB-Gehaltsanpassung sich nur an anderen EU-Institutionen orientiert. Ein EZB-Sprecher begründet diese Methode damit, daß sie „eine enge Verbindung zu den Gehaltsentwicklungen der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, insbesondere derjenigen innerhalb des Euroraums, ermöglicht“. Dies benachteiligt die im teuren Frankfurt beschäftigten Notenbanker derzeit aber merklich. Während die Inflation in der Eurozone im Oktober 2021 auf Jahresbasis 4,1 Prozent betrug, lag sie in Deutschland im November bei 5,2 Prozent – nach EU-Berechnung (HVPI) waren es sogar 6,0 Prozent.

Schlechter trifft es allerdings die Beschäftigten der Bundesbank. Aufgrund des deutschen Beamtenrechts liegen ihre Gehälter für vergleichbare Tätigkeiten um etwa die Hälfte niedriger. Hinzu kommt das Steuerprivileg für EZB-Bedienstete, die etwa 25 Prozent weniger Einkommensteuer zahlen. Steuerbefreite Zuschläge, Sonderregeln der sozialen Sicherung, pro Kind ein Zuschlag von monatlich 352 Euro und weitere nicht-geldliche Vorteile wie der Zugang zur Europa-Schule in Frankfurt inklusive Übernahme der Schulgebühren kommen hinzu. Europa sorgt für sich vor.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.