© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/21 / 03. Dezember 2021

Meldungen

Sozialethiker: Ungeimpfte in Kliniken gleichbehandeln 

BERLIN. Ungeimpfte müssen in Krankenhäusern auch bei Engpässen genauso behandelt werden wie Geimpfte. Dafür hat sich der katholische Theologe Andreas Lob-Hüdepohl (60) ausgesprochen. Der Sozialethiker und Hochschulprofessor ist Mitglied im Deutschen Ethikrat. Bei der ärztlichen Versorgung dürfe der Impfstatus eines Patienten keine Rolle spielen, sagte er vergangenen Samstag in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Bei der Entscheidung über Einsatz und Verteilung von Ressourcen sei die Dringlichkeit des Behandlungsbedarfs das einzige gerechte Kriterium. „Ob ein Mensch im Vorlauf gut gelebt hat, schlecht gelebt hat, gefährlich gelebt hat, ungefährlich gelebt hat, ob er geraucht hat, getrunken, einen schwierigen Job gemacht hat, das ist unerheblich für medizin-ethische Behandlungsnotwendigkeiten.“ Nach diesem Grundsatz müßten Ungeimpfte gleichgestellt werden, „auch wenn uns das emotional querkommt“. Das gelte auch für den Fall, daß eine allgemeine Impfpflicht eingeführt werde. Auch dann widerspreche es elementaren Prinzipien der Medizinethik und der Menschenwürde, Ungeimpfte zu benachteiligen. Weiter sagte Lob-Hüde-pohl, auch die Erfolgsaussichten dürften etwa für die Reihenfolge der Behandlung keine Rolle spielen. „Wenn es in der höchsten Dringlichkeitsstufe zu einer Konkurrenzsituation kommt, das ist beispielsweise beim Massenanfall von Verunfallten die Situation“, dann werde der zuerst behandelt, der zuerst eingeliefert werde. Dieser Grundsatz würde ausgehebelt, wenn man die Erfolgsaussichten als Kriterium heranziehe. „Da werden viele Menschen aufgrund ihrer Vorerkrankungen, ihrer Behinderung oder ihres Alters benachteiligt, und das sehe ich ausgesprochen kritisch“, so der Theologe. Zuvor hatte Lob-Hüdepohl an anderer Stelle zugleich für eine allgemeine, verbindliche, gesetzliche Impfpflicht plädiert. „Die kollabierende intensivmedizinische Versorgung führt heute schon zu extremen, manchmal sogar tödlichen Unterversorgungen anderer schwerer Erkrankungen“, sagte er kürzlich in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur. „In diesem Fall muß das Selbstbestimmungsrecht zurückstehen. Es würde andere zumindest mittelbar töten“, so der Professor an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen. (idea/JF)





Wilhelm-Raabe-Preis für Gert Loschütz 

BRAUNSCHWEIG. Der Schriftsteller Gert Loschütz (75) hat für seinen Roman „Besichtigung eines Unglücks“ den Wilhelm- Raabe-Literaturpreis bekommen. Er erhielt die von der Stadt Braunschweig und dem Deutschlandfunk gestiftete und mit 30.000 Euro dotierte Auszeichnung vergangenen Samstag. In dem bei Schöffling & Co. dieses Jahr erschienenen Roman läßt Loschütz seinen Erzähler Thomas Vandersee eines der schwersten Zugunglücke rekonstruieren, die sich je in Deutschland ereignet haben. In der Nacht zum 22. Dezember 1939, drei Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, prallen kurz vor dem Bahnhof von Genthin in Sachsen-Anhalt zwei Züge aufeinander, zahlreiche Menschen sterben. Eingebettt in diese Erzählung ist eine Familien- und Liebesgeschichte, die Schicksale beleuchtet, „die von den Katastrophen des 20. Jahrhunderts bestimmt wurden“, begründete die Jury ihre Entscheidung. (tha)

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