© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/21 / 03. Dezember 2021

Vorhersehbare Unterhaltung
Serie „Westwall“: Das ZDF liefert auf fiktionaler Ebene die „Beweise“ für linke Verschwörungstheorien
Tobias Dahlbrügge

Das Anstaltsfernsehen tut mal was für seine jährlichen acht Milliarden und dreht eine Thriller-Serie: „Westwall“ – produziert für das ZDF und vergangenen Samstag im TV gestartet – verspricht „spannende“ Unterhaltung. So hölzern die Dialoge und so übertrieben manche schauspielerischen Darbietungen sind, so hochaktuell ist die Thematik: Es geht um – na klar – „rechtsextremen Terror“.

Die heutzutage moderne kalte Bildästhetik à la Schweden-Krimi und dramatische Musik machen klar: Jetzt wird’s ganz böse: Die blasse Polizeischülerin Julia verknallt sich in den Nazi Nick mit einer riesigen Hakenkreuz-Tätowierung auf dem Rücken. Der kommt aus der rechtsextremen Clique auf dem Bauernhof der Aktivistin Ira, die junge Leute radikalisiert. Ihr höriger Handlanger Karl will aus Liebe zu ihr das System mit Terrorakten stürzen. Dafür stiehlt Julia Polizeiwaffen. Plumper kann man linke Verschwörungsnarrative kaum bedienen. Selbst die „subtile“ Warnung vor Reichsbürgern und Fascho-Siedlern auf dem Land findet Platz

Die sechs Folgen sind eine Verfilmung des Romans von Benedikt Gollhardt aus dem Jahr 2019. Gollhardt war mit Drehbüchern zu der Schwulenkomödie „Lattenknaller“ oder der Multikulti-Serie „Türkisch für Anfänger“ erfolgreich. Und so geht auch hier am Ende alles gut aus, denn als Julia beinahe alles verliert, ist die schwarze Kollegin Lydia ihre rettende Stütze – schnief, ein Happyend für das beste Deutschland aller Zeiten.

Im Hintergrund der arg konstruierten Handlung spielen allerdings manipulative Akteure des Verfassungsschutzes ihr ganz eigenes Spiel. Großartig als undurchsichtig-fieser VS-Schlapphut: Devid Striesow („Zeit der Kannibalen“). Fiktional liefert der öffentlich-rechtliche Sender die Beweise für aus dem linken Lager hervorgebrachte Vorwürfe und Vorurteile gegenüber den Sicherheitsbehörden.

Das Ensemble ist sich sicher, mit der Serie einen immens wichtigen Beitrag „gegen Rechts“ zu leisten, denn nach Meinung von „Karl“-Darsteller David Schütter höre man überall nur von islamistischem Terror“, demgegenüber sei „rechtsextremer Terror total unterrepräsentiert in den Medien“. Wo lebt der Mann?

„Westwall“. Die sechs Folgen à 45 Minuten stehen in der Mediathek und laufen bis zum 8. Dezember auf ZDF und ZDFneo.