© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/21 / 10. Dezember 2021

Ländersache: Mecklenburg-Vorpommern
Keine Handbreit Wasser unterm Kiel
Peter Freitag

Schlechte Nachrichten von den Werften ist man im Norden Deutschlands gewohnt. Aktuelles Sorgenkind: die MV-Weft in Mecklenburg-Vorpommern. An den Standorten des Unternehmens in Wismar, Warnemünde und Stralsund könnte es zu Massenentlassungen kommen. Und die Mitarbeiter mußten aus der Presse erfahren, daß ihre Arbeitsplätze bedroht sind, weil dem Arbeitgeber die Zahlungsunfähigkeit droht. 

Derzeit sind die etwa 2.000 Schiffbauer in Wismar mit der „Global 1“ beschäftigt. Bis das 342 Meter lange Kreuzfahrtschiff fertig ist, wird es noch ein ganzes Jahr dauern. Denn der Bau verzögerte sich auch coronabedingt immer wieder. Doch die Fertigstellung ist nur gesichert, wenn in dieser Zeit frisches Geld kommt. Für die Werft ist die noch unvollendete „Global 1“ ein Kostenfaktor. Und für den in Hongkong ansässigen chinesischen Mutterkonzern Genting brachen auf der anderen Seite zuletzt die Einnahmen erheblich ein, weil seine Hauptgeschäftsfelder – Glückspiel, Ferienresorts und Kreuzfahrten – in Corona-Zeiten lahmten. 

Nach Angaben des neuen Wirtschaftsministers Reinhard Meyer (SPD) braucht die MV-Werft nun jene Finanzspritze. die eigentlich erst als Notreserve für 2024 gedacht war: 88 Millionen Dollar als Darlehen vom Land Mecklenburg-Vorpommern, 30 Millionen Dollar aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes sowie 30 Millionen Dollar von Genting. Die Schweriner Landesregierung ist jedoch in einer Zwickmühle. Einerseits sollen die Arbeitsplätze natürlich erhalten bleiben, andererseits scheut man das finanzielle Risiko für den eigenen Haushalt, das solch eine Kreditzusage birgt. Würde die Sache am Ende trotz der Millionen-Zuschüsse scheitern, hätte man eine Menge Arbeitslose – plus die Lücke im Landeshaushalt.

Der Ausweg im Sinne der rot-roten Regierung? Bund und Unternehmen müßten mit einem jeweils höheren Beitrag in die Bresche springen. Doch Genting ist aus den genannten Gründen selbst klamm, und die neue Bundesregierung dürfte auch nicht gerade die Spendierhosen anhaben. Zum einen dürfte die traditionell subventionskritische FDP auf die Finanzierungsbremse treten; zum anderen ist fraglich, ob der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck noch mehr Geld in eine Branche buttern möchte, die mit ihrem Energieverbrauch nicht gerade ein Musterknabe in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit ist. Und Habeck ist schließlich auch Klimaminister ... Angesichts der Anfang kommenden Jahres drohenden Insolvenz der Werft steht nun ein Verhandlungspoker zwischen Schwerin, Berlin und Honkong bevor. 

Für die Opposition im Landtag war die Entwicklung absehbar. „Noch Ende November hat der neue Finanzminister der SPD, Heino Geue, den MV-Werften Liquiditätshilfen in Millionenhöhe in Aussicht gestellt“, kritisierte der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Nikolaus Kramer. Genting denke gar nicht daran, die Liquiditätslücke durch firmen­interne Maßnahmen zu schließen. Es dürfe aber „kein deutsches Steuergeld mehr in den maroden Betrieb gepumpt werden“. Die MV-Werften seien „ein Faß ohne Boden“, über deren Zukunft es „eine ehrliche und ergebnisoffene Debatte“ geben müsse.