© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/21 / 10. Dezember 2021

Ampel-Koalition plant „Superabschreibungen“ auf private Investitionen
Nur Klima und Digitales
Ulrich van Suntum

Schon im Wahlkampf hatte die FDP ihre Zauberformel gefunden: Mit Innovation und Digitalisierung könne der Spagat zwischen Klimaschutz und Erhaltung des Industriestandorts Deutschland gelingen. Die Ampelkoalition verspricht nun „Superabschreibungen“: Die Kosten für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung könnten fortan innerhalb von nur vier statt bisher zehn Jahren gewinnmindernd beim Finanzamt geltend gemacht werden. Bis zu 40 Milliarden Euro pro Jahr könnte das den Staat in der Anfangszeit kosten. Für die Zukunft hofft man dafür auf mehr Wirtschaftswachstum und entsprechend steigende Steuereinnahmen. Beifall für den Plan kommt aus der Wissenschaft.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW aktuell 74/21) erwartet schon im ersten Jahr einen Anstieg der Investitionen um fünf Prozent und längerfristig einen um drei Prozent höheren Kapitalstock. Allerdings sei flankierend eine Erhöhung der Körperschaft- und Gewerbsteuer zu empfehlen, um die Haushaltsdefizite in Grenzen zu halten. Das Ifo-Institut empfiehlt hingegen keine Steuererhöhung. Es rät auch davon ab, die Superabschreibungen auf bestimmte Investitionsarten zu beschränken (Ifo Schnelldienst 12/21). Letzterem kann man nur zustimmen. Zum einen wegen der zu befürchtenden Mitnahme- und Umetikettierungseffekte. Wie sollen Finanzbeamte entscheiden, was wirklich dem Klima dient? Bald wird es digitale Spaten geben, nur um die Förderung kassieren zu können? Dies ist das Kernproblem jeder staatlichen Investitionslenkung: Produziert wird, was den Richtlinien entspricht, auch wenn es so vielleicht niemand wirklich braucht.

Zudem werden durch die selektive Förderung die Knappheitspreise verfälscht. Daran ist schon der Sozialismus gescheitert. Am Ende weiß niemand mehr, was eigentlich wieviel kostet und wieviel man davon produzieren sollte. Viele der politisch provozierten Investitionen muß man dann aus volkswirtschaftlicher Sicht tatsächlich abschreiben. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek bezeichnete dies einmal treffend als „Anmaßung von Wissen“. Tatsächlich ist die Herdenintelligenz von Millionen Verbrauchern und Produzenten durch nichts zu ersetzen. auch nicht durch Robert Habecks grünes Superministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Solch ordnungspolitisches Denken ist den neuen Regierungsberatern inzwischen aber weitgehend fremd geworden. Die üppig wuchernden staatlichen Fördertöpfe haben nicht nur viele Unternehmen, sondern auch Wissenschaftler quasi zu Huren der Politik gemacht. So kann diese ihren Einfluß immer weiter ausdehnen und sich dabei sogar auf wissenschaftliche Unterstützung berufen. Der Ampel-Koalitionsvertrag atmet förmlich diesen Geist des Interventionismus auf jeder einzelnen Seite. Zudem ist selbst der umweltpolitische Erfolg mehr als zweifelhaft.

Wenn man wirklich etwas für das Weltklima tun will, dann sollte man einfach mindestens europaweit einen für alle einheitlichen CO2-Preis festlegen und die Marktkräfte wirken lassen. Millionen von Bürgern und Unternehmern werden dann jeden Tag ganz von selbst nach effizienten Wegen suchen, CO2 einzusparen. Alles andere könnte man sich sparen. Das würde mehr für Wohlstand und Klimaschutz bewirken als alle Subventionen und Steueranreize zusammen.






Prof. Dr. Ulrich van Suntum lehrte bis 2020 VWL an der Wilhelms-Universität Münster.