© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/21 / 10. Dezember 2021

Der Kurs der Kryptowährung Bitcoin brach kurzzeitig um ein Fünftel ein
Wieder mal ein Flash-Crash
Thomas Kirchner

Was Bitcoin-Anleger in der Nacht von Freitag auf Samstag erlebten, war kein Alptraum, sondern bittere Realität: Gegen sechs Uhr morgens sank die Kryptowährung innerhalb weniger als einer Dreiviertelstunde von 52.220 Dollar auf 42.296 (fast 20 Prozent), während ihre Fans ruhig schliefen. Am Donnerstag war Bitcoin noch 56.903 Dollar wert. Am Wochenende ist eigentlich wenig los, obwohl an Onlinebörsen täglich gehandelt wird. Wenn Europa und Nordamerika schlafen und nur Asien handelt, sind noch weniger Bitcoin-Händler unterwegs. Kommt in dieser Phase dann ein Walfisch, wie besonders große Käufer oder Verkäufer genannt werden, schlagen die Kurse stärker aus.

Am Samstag haben offenbar asiatische Makler 410.000 Kundenkonten liquidiert. Das kann passieren, wenn Kunden auf Kredit spekulieren und der Bitcoin sinkt, wie es am Freitag geschah. Fällt dann die Deckung des Kredits unter eine Sicherheitsmarge, muß der Makler die Kryptoanlagen liquidieren, bevor Verluste des Kunden zu einem Kreditausfall eskalieren. Im Rahmen des Flash-Crashs am Samstag wurden Schätzungen zufolge Kundenpositionen von 2,6 Milliarden Dollar liquidiert, die größte davon in Höhe von 27 Millionen Dollar. Das ist genug, um den Bitcoin-Kurs ins Rutschen zu bringen. Daß Kurse rutschen, wenn auf einen Schlag große Positionen liquidiert werden, ist nicht neu. Die Manager der Société Générale lernten das 2008 auf die harte Tour, als sie die von Jérôme Kerviel heimlich angehäuften Dax- und Eurostox-Futures in nur drei Tagen verkauften und die Indizes um zehn Prozent fielen. Der Verlust der französischen Bank belief sich auf 4,9 Milliarden Euro.

Der Kurskapriolen wegen sei Bitcoin nicht als Währung geeignet, liest man nun. Doch vergessen wird dabei, daß auch traditionelle Währungen ähnliche Sprünge machen: So fiel der südkoreanische Won Ende 1997 innerhalb weniger Wochen um 54 Prozent, oder der Euro gegenüber dem Dollar von Juli bis Oktober 2008 um 22 Prozent. Großanleger sollen in letzter Zeit viele Bitcoins bei Maklern hinterlegt haben, offenbar mit der Absicht, zu verkaufen. Sie wären nicht die einzigen, die sich aus einer überteuerten Anlage zurückziehen: Auch Elon Musk hat in letzter Zeit für zehn Milliarden Dollar Tesla-Aktien verkauft.