© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/21 / 10. Dezember 2021

Schwierige Balance zwischen Ich- und Wir-Freiheit
Fernöstliche Ideallösung
(dg)

Für den Staatsrechtler Christoph Möllers (HU Berlin), einem altgedienten Hofjuristen Angela Merkels, sind „Querdenker-Demonstrationen“, die für grundgesetzlich geschützte Freiheiten eintreten und sich gegen das Corona-Regime der Bundesregierung richten, schlicht eine „Absurdität“. Aber zugleich ein Stachel, der daran erinnere, daß freiheitliche Praktiken nicht in vernünftigem Handeln aufgehen. Daher sei die willkürliche, von Angstgefühlen getriebene Freiheit der „Querdenker“  durch die „rationale Freiheit“ der politisch Verantwortlichen zwar einzuschränken. Trotzdem bleibe aber das Verhältnis zwischen individueller und kollektiver Freiheit kompliziert und verbiete das Hantieren mit „finalen Formeln“. Darum sei das einzige, was er „noch schrecklicher fände, als den Anblick dieser Querdenker-Demos, eine Welt, in der es sie nicht gäbe“. Wie der Balanceakt zwischen Ich und Wir besser gelingen kann als in der schlecht auf den Ausnahmezustand der Corona-Pandemie vorbereiteten westlichen Kultur, dazu verweist der Schriftsteller und Japan-Kenner Christoph Peters auf fernöstliche Gesellschaften. Vor allem in Japan gelten nicht persönliche Freiheitsrechte als Bedingung eines geglückten Lebens, sondern ein möglichst reibungslos funktionierendes Gemeinwesen. Während im „westlichen Ausbreitungsmodus“ schon jede Begegnung Belästigungs- und Konfliktpotential berge und zur Machtprobe eskalieren könne, werde der japanische Alltag durch „bedingungslose Rücksichtnahme, vorauseilende Selbstbescheidung “ geprägt. Selbst japanische Hunde würden sich so weit disziplinieren, „daß sie so gut wie nie bellen“ (Philosophie Magazin, 6/2021). 


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