© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/21 / 10. Dezember 2021

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Und was nun, Herr Scholz?“, JF 49/21

Revolutionärer Repeat-Modus

Der Leitartikel „Ziel ist der grüne Staat“ wirft die Frage auf: Sind wir schon wieder soweit? Die von Paul Rosen aufgezeigte Perspektive zum grünen Staat weckt ungute Assoziationen an untergegangene Zeiten wie die DDR und sogar an das Dritte Reich. Schrittmacher waren auch damals schon Jugendbewegungen, die sich leicht radikalisieren lassen. War die DDR noch von den Sowjets eingesetzt worden, kam die NSDAP durch demokratische Wahlen an die Macht, wenn auch mit knapp unter 50 Prozent. Die Bösewichte waren damals die Juden oder bei den Sozialisten die Kapitalisten, heute sind es die Umweltsünder mit ihrem CO2-Ausstoß und natürlich wieder die Großindustrie. Der Klimaschutz über allem! Auch Gutmenschen können sich radikalisieren, nach der Französischen Revolution waren sie mit den Jakobinern der Schrecken der Bevölkerung. Muß sich denn die Geschichte immer wiederholen?

Dr. Ernst-Dieter Voigt, Gernsbach




Die Freiheit zum Mitregieren nehm ich mir

In der Tat, „die Ampel steht auf Rot“, wie Michael Paulwitz schreibt. Die Transformationspläne der rot-grün-gelben „Ampel“-Regierung sind ein Programm zur Vernichtung des deutschen Nationalstaates. Ein Indiz dafür ist die „feministische“ und klimazentrierte Außen- und Wirtschaftspolitik der künftigen Bundesregierung. Daß die FDP mit den Rot-Grünen eine derart freiheitsfeindliche und linkslastige Politik mitmacht, zeigt, daß es ihr nur um die Macht und Posten geht.

Günter Zemella, Schwäbisch Hall




Babylon Berlin, nach Heinreich Heine

Mit der Bundestagswahl hoffte ich, der Merkelsche Augiasstall würde ausgemistet. Aber stattdessen kommen jetzt Leute ans Ruder, die wiederum nur Mist verursachen dürften! Ich sehe unruhige und böse Zeiten auf uns zukommen – Belsazar läßt grüßen!

Gotthard Schmidt, Böblingen




Fehlende Willkommenskultur für Kinder

Schwer vorstellbar, daß mit den Plänen der Ampelkoalitionäre mehr echtes Grün und Lebensschutz herauskommt, wenn man das Töten ungeborenen Lebens noch mehr vereinfachen und solche Handlungen künftig zur ärztlichen Aus- und Weiterbildung vorantreiben will. Warum spricht man bei mehr als hunderttausend vorgeburtlichen Tötungshandlungen nicht endlich von einer Willkommenskultur für Kinder und einer positiven Förderung von Ehe und Familie, wo doch hier künftige Fachkräfte und neue Stabilitätsfaktoren für unsere überalterten Sozialsysteme geboren werden.

Simon Kirschner, Bad Endorf






Zu: „Wo das Positive bleibt“ von Dieter Stein, JF 49/21

Den Öffentlich-Rechtlichen weit überlegen

Neben den einschlägigen „Verschwörungs“-Plattformen im Internet, bei denen sich trotz allem eine gewisse Skepsis breitmacht, ist Ihre Zeitung meine einzige Informationsquelle, die an Seriosität den eingenordeten Mainstream-Medien, primär den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten an journalistischer Qualität um Klassen überlegen ist. Wenn jemand Journalismus im Sinne eines Hanns Joachim Friedrichs pflegt, dann ist es die JUNGE FREIHEIT.

Dr. Thomas Gertner, Bad Ems




Unbedingt mehr flanieren und spazieren

Ich kann die Gedanken des von Ihnen genannten Lesers sehr gut nachvollziehen. Auch mir geht es immer häufiger so, daß ich keine Lust, ja manchmal geradezu keinen Mut mehr habe, die JF aufzuschlagen, weil in so vielen Berichten der blanke Irrsinn dieser Republik dokumentiert wird. Und dann „flüchte“ ich meistens (oft schon als erstes am Donnerstag abend) auf die letzte Seite und lese den Flaneur. Fast jedesmal sind es rührende, humorvolle oder ganz einfach sonst Geschichten, die entweder jenen Irrsinn feinsinnig auf die Schippe nehmen oder ihn gar für einen Moment vergessen lassen. Ich wollte Ihnen dafür schon lange einmal danken! Ich erinnere mich übrigens noch gut an meine Studentenzeit, zu der ich die FAZ mit den blauen Studentengutscheinen kaufte. Am Wochenende las ich gerne das Feuilleton, in dem damals oft ebenso feinsinnig Gedanken gesponnen und entwickelt wurden. Daran erinnert mich die Flaneur-Kolumne. Mehr davon täte sicher auch der JF nicht schlecht.

Eberhard Hafermalz, Düsseldorf




Es fehlen Kraft und Phantasie

Der von Ihnen zitierte resignativ-wehmütige Brief eines langjährigen JF-Lesers hätte ohne weiteres auch von mir stammen können, wenn nicht sogar, so meine Vermutung, von einem ansehnlichen Teil Ihrer Leserschaft. Die stetig zunehmende Befürchtung, daß dieses Land unrettbar dem Untergang geweiht ist, lähmt mehr und mehr jeden Ansatz zu positiv-hoffnungsfrohem, lebensmutigem Denken. Zu bedrückend sind die Erscheinungen von Dekadenz, Dekonstruktion und Deformation unseres Staates und seiner Gesellschaft sowie die systematisch betriebene Entwertung, Verzwergung und Zerstörung unserer Industrie. Angesichts dessen anzunehmen oder mindestens zu hoffen, „positiv“ zu bleiben (man könne die Dinge noch aufhalten oder gar wenden), ist eine lautere und ehrenwerte Einstellung. Mir jedoch fehlen die dafür notwendige Kraft und Phantasie.

Wolfgang Riepe, Braunschweig




Bitte keine Schönfärberei

Aber genau wie der andere Leser geantwortet hat, bin ich auch fest der Meinung, daß Sie unbedingt und unbeirrt, ohne Schönfärberei weitermachen müssen. Letztere kann man bereits in den anderen Medien „genießen“, als krampfhafte und hohle Ausgleichsbemühungen durch Sätze wie: „Und jetzt mal eine positive Nachricht (...)“. Bitte ungeschminkt weiter so charakter- und standfest!

Ralph Gödde, München




Dem Negativ-Test etwas entgegensetzen

Ich freue mich jeden Donnerstag, meine neue JF in den Händen zu halten. Es ist diese unaufgeregte, meist sachlich nüchterne Ausgeglichenheit, die ich sehr zu schätzen weiß innerhalb des deutschen Medienwaldes. Jede Woche lese ich als allererstes Ihren Kommentar, so auch dieses Mal. Ihr Leser, der Ihnen schreibt, hat recht. Es ist zum Davonlaufen. Wir alle, konservativen Geistes, wollen nach beinahe endlosen sechzehn Jahren Merkel endlich wieder positive Nachrichten. Nur fehlt uns der Glaube, daß diese noch kommen. Dem müssen wir etwas entgegensetzen, und darum bitte ich Sie, machen Sie unbedingt weiter!

Sven Schempp, Renquishausen




Komfortablere Lebenssituation

„Bad news are good news!“ ist das Motto der meisten Zeitungen – und so wird fleißig zusammengetragen, was weltweit an Negativem geschehen ist. Der Leser kann nach der Lektüre so richtig seine meist komfortablere Lebenssituation genießen. Als junger Mensch hatte ich schon die Idee gehabt, eine Art „Anti-Zeitung“ herauszugeben, in welcher ausschließlich positive Ereignisse veröffentlicht werden – es fehlten mir aber der nötige Mut und die Fachkenntnisse dazu. Ein solches Extrem würde auch nicht die Wirklichkeit abbilden. Hoffentliche gelingt es Ihnen und Ihrer Mannschaft, einen gesunden Mix herauszugeben.

Dr. Harald Friedrichs, Basdahl






Zum Pro&Contra: „Gemeinwohl hat Vorrang“ von Karlheinz Weißmann & „Für eine freie Entscheidung“ von Thorsten Hinz, JF 48/21

Journalistisches Vorbild

Es war mir ein besonderes Vergnügen, zwei mir gleichermaßen werte Autoren so einträchtig konträr zur Kenntnis nehmen zu können. Der eine ist ebensowenig ein „Aluhut“, wie der andere kein Agent einer Elite ist. Beide meinen es aufrichtig, und indem sie so die gegensätzlichen Perspektiven präsentieren, beruhigen sie den Leser: Nein, er ist nicht alleine mit seiner Ratlosigkeit. Aber nun auf höherem Niveau! Dieses Titelblatt der JUNGEN FREIHEIT sollte – natürlich goldgerahmt – in jeder Redaktionsstube von Presse, Funk und Fernsehen hängen, zusammen mit dem Leitsatz: „§1: Du hast das Recht auf eine eigene Meinung, und niemand darf dich zwingen, im Sinne anderer zu denken, zu reden und zu schreiben!“

Dr. Alfred Becker, Bremen




Kein großer Fischfang zu erwarten

Ein herzliches Dankeschön für die beiden Artikel von Karlheinz Weißmann und Thorsten Hinz. Endlich mal eine ausgewogene und nachvollziehbare, konträre und sachliche Darlegung der Standpunkte. Der Pragmatiker wird eher zum Standpunkt von Karlheinz Weißmann neigen, da sich die 4. Welle mit all ihren Auswirkungen nicht mehr aus der Welt reden läßt und schon gar nicht mit (und das unterstelle ich Thorsten Hinz in keiner Weise) teils hanebüchenen Verschwörungstheorien, medizinischen Horrorgemälden usw. Jedes Kind weiß, daß jedes Medikament mit Wirkung eben auch Nebenwirkungen hat, und das gilt für alle Impfstoffe im selben Maße. Es scheint aber auch festzustehen, daß sich die Heftigkeit der Corona-Erkrankung durch die Impfung(en) deutlich mindern läßt. Leider spielt die AfD im ganzen Corona-Geschehen mal wieder eine wenig rühmliche Rolle, und das Verhalten einiger AfD-Bundestagsabgeordneter erinnert mehr an ein Kasperletheater als an ein seriöses Auftreten, zumal der AfD in Gänze offensichtlich die Untersuchung eines Baseler Institutes nicht bekannt ist, daß nämlich (was zumindest für Baden-Württemberg zutrifft) die Mehrzahl der Anti-Impf-Demonstranten überhaupt nicht rechts ist, sondern sich hauptsächlich aus Alt-68ern, Esoterikern, Ex-Waldorf-Schülern u.ä. zusammensetzt. Da wird die AfD nur sehr wenige Stimmen „fischen“ können. Im Sinne einer auf bürgerliche Wähler abgestellten Corona-Politik werden diese potentiellen Wähler ein weiteres Mal abgeschreckt. Schade! So bleibt dem Bürger eigentlich nur die Einsicht in das Notwendige, und das sind nun mal die Impfungen, so sehr Stimmen wie von Thorsten Hinz wertvoll und wichtig sind.

Jürgen Schmidt, Ettlingen




Weder uneinsichtig noch uninformiert

Das „Statement“ von Karlheinz Weißmann könnte ebenso von Karl Lauterbach stammen. Allein das Vokabular „Volksgesundheit“ erinnert an unsägliche Zeiten deutscher Geschichte. Noch schlimmer der Schlußsatz, dem zufolge der Staat über „die Uneinsichtigkeit oder den Unwillen einzelner hinweggehen“ dürfe, „um das Gemeinwohl zu schützen“. Die Menschen gegenteiliger Meinung sind nicht unwillig oder uneinsichtig: Sie haben sich informiert und recherchiert und nicht blindlings auf den Dauerdruck der Medien reagiert, sie haben Schaden und Nutzen gegeneinander abgewogen. Die vom GG geschützte körperliche Unversehrtheit ist tatsächlich eines der höchsten Güter. Wenigstens wurde der Tenor ausgeglichen durch Autor Thorsten Hinz, der juristisch und moralisch einwandfrei für die freie Entscheidung der Bürger plädierte.

Dr. Christina Ryba, Bad Wörishofen




Nächstenliebe und Selbstbehauptung

Wer behauptet, es sei „systematisch verschleiert“ worden, daß unsere Freiheit auf „dem Vorhandensein staatlicher Ordnung“ fuße, vergißt wohl, daß es stets Staaten waren, Apparate und Bürokratien, die Millionen von Menschen in den irrsinnigsten Kriegen gnadenlos verheizt haben. Immer mit dem Argument, das Gemeinwohl habe Vorrang vor dem Schicksal des Einzelnen! Ja, der Staat beugt und bricht den Menschen, „zwingt ihn notfalls zum Fügen“, wie Herr Weißmann schreibt. Genau deshalb wurden auch im April 1945 noch Jugendliche in den sicheren Tod geschickt und bei Verweigerung von ihren eigenen Leuten gehenkt. Wenn nicht mein eigener Körper mir gehört, dann bin ich und sind alle anderen Menschen letztlich nur Verfügungsmasse. Ich lehne das aus Nächstenliebe und Selbstbehauptungswillen ab.

Ralf Klewe, Hellenthal




Angst vor Arbeitgeber, nicht vor dem Virus

Daß Verfassungsrechtler keine großen Hürden sehen, angesichts der Pandemie eine allgemeine Impfpflicht zu etablieren – was sagt das schon? Es überrascht nicht einmal. Wenn gegenwärtig der einzelne Bürger vor der Politik und den Arbeitgebern schon mehr Angst hat als vor der Erkrankung, dann sollte das den Politikern, aber auch anderen gesellschaftlichen Gruppen wie den Kirchen zu denken geben.

Dr. Christian Medick, Nagel






Zu: „Kaum zu bremsen“ von David Engels, JF 48/21

Prägnant – eine treffende Anamnese

Die sehr treffende Analyse von David Engels trifft in ihrer prägnanten Kürze den Kern des Problems: Das vorherrschende materialistische Weltbild, welches das verhängnisvolle Ideengemisch von rücksichtslosem Kapitalismus und zerstörerischem Sozialismus hervorgebracht hat, ist im Begriff, an seine Grenzen zu stoßen, weil dieses Denken die geistige Dimension der menschlichen Existenz ignoriert. Es kann letztlich nur kranke Systeme hervorbringen. Auch wenn es manchem noch etwas phantastisch vorkommen mag: Wenn es nicht gelingt, umzudenken und sich aus dem bestehenden kranken System zu lösen, kann die menschliche Gesellschaft nicht gesunden.

Klaus Wiedmann, Plön