© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/21 - 01/22 / 24. Dezember 2021

Claudia Pechstein holt einen besonderen Weltrekord: Als erste Frau tritt sie zum 8. Mal bei Olympischen Winterspielen an.
Die Siegerin
Ronald Berthold

Zwei Tage nach der Abschlußfeier der Olympischen Winterspiele wird Claudia Pechstein 50 Jahre alt. Ihr größtes Geschenk wird sich die Eisschnelläuferin da bereits selbst gemacht haben: Zum achten Mal nimmt sie am wichtigsten Sportereignis der Welt teil, das diesmal vom 4. bis 20. Februar 2022 in Peking stattfindet.

Es ist ein Weltrekord: Sie ist die erste Frau, die auf eine solch hohe Zahl an Olympia-Teilnahmen kommt. (Nur der japanische Skispringer Noriaki Kasai war auch achtmal dabei.) Die Berlinerin zeigte sich überglücklich, als sie sich am vorvergangenen Wochenende im kanadischen Calgary für die Spiele qualifizierte und jubelte: „Das ist das absolute Highlight meiner sportlichen Karriere!“ Die fünfmalige Goldmedaillengewinnerin hätte, wie sie schwärmte, „die ganze Welt umarmen können“.

Um die Dimension dieser außerordentlichen Karriere zu verstehen, reicht ein Blick in die Annalen des Turniers: Vor knapp dreißig Jahren, im Februar 1992, holte sie im französischen Albertville ihre erste Medaille. Über die 5.000 Meter, ihre Paradedisziplin, gewann sie Bronze. Bei Olympia, Welt- und Europameisterschaften sind inzwischen 61 weitere hinzugekommen.

Der Zieleinlauf in den Bundestag gelang ihr nicht. 

Gut vorstellbar aber, daß sie es 2025 erneut versucht. 

Dabeisein ist alles! – Claudia Pechstein lebt den olympischen Gedanken im fortgeschrittenen Alter wie keine zweite. Denn daß die Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei in Peking ein weiteres Mal Edelmetall gewinnt, gilt als ausgeschlossen. Dafür sind die Jüngeren doch zu schnell. 2006 in Turin errang sie mit Gold und Silber ihre bisher letzten Erfolge. Aber bei allem Ehrgeiz verliert die Sportlerin selten ihren mitreißenden Optimismus.

Dabei hat sie einen enormen Rückschlag einstecken müssen: Eigentlich wäre die Reise nach China bereits ihre neunte Teilnahme an den Winterspielen. Doch um den Start 2010 in Vancouver wurde sie betrogen. Wegen angeblichen Blutdopings erhielt sie 2009 eine Sperre von zwei Jahren. Der Test aber war „falsch“, wie der Deutsche Olympische Sportbund erst 2014 im Rahmen einer offiziellen Entschuldigung einräumte. Die Bundespolizei hatte ein Disziplinarverfahren gegen die Beamtin bereits 2010 eingestellt. Pechstein leidet unter einer vererbten Blut­anomalie, was sie nach der positiven Dopingprobe belegen konnte. Doch aus formalen, nicht medizinischen Gründen erkannten die Gerichte das entlastende Material nicht an. So wurde ihr großes Unrecht angetan. Doch die Kämpfernatur trainierte unentwegt weiter, nahm bereits vier Tage nach Ablauf der Sperre, im Februar 2011, wieder an einem Rennen teil und qualifizierte sich sofort erneut für den Weltcup.

Weniger erfolgreich verlief ihre Kandidatur für den Deutschen Bundestag im vergangenen Herbst. Für die Berliner CDU trat sie als Direktkandidatin in Treptow-Köpenick gegen Gregor Gysi an. Doch mit 35,4 Prozent zog der Stimmkönig der Linken uneinholbar an den 13,5 Prozent der geborenen Ost-Berlinerin vorbei. Und da sie nicht über die Parteiliste abgesichert war, blieb ihr der Zieleinlauf ins Parlament verwehrt.

Gut vorstellbar aber, daß sie es in vier Jahren erneut versucht. Denn aufgegeben hat die Frau, die seit 2010 mit dem Präsidenten der Deutschen Eisschnellauf-Gemeinschaft, Matthias Große, liiert ist, noch nie.

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