© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/21 - 01/22 / 24. Dezember 2021

Ländersache: Bayern
Kommt mit seinen Gaben
Paul Leonhard

Kein Weihnachtsfrieden für Andrea Tandler. Die Münchner PR-Unternehmerin und Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler wird sich während der Festtage mit den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft München I beschäftigen müssen. Denn die wirft ihr und einem Geschäftspartner vor, die bei der Vermittlung von Masken und Schutzkleidung an diverse Ministerien erhaltenen Provisionen in Höhe von 34 bis 51 Millionen nicht korrekt versteuert zu haben. Die Untersuchungen sind nicht nur für Tandler unangenehm, sondern auch für die Union und die Politik insgesamt, werfen sie doch erneut ein Schlaglicht auf den bundesdeutschen Politikbetrieb.

Im vergangenen Monat hatte das Oberlandesgericht München im Zusammenhang mit der CSU-Maskenaffäre den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und den Landtagsabgeordneten Alfred Sauter vom Vorwurf der Bestechung sowie der Bestechlichkeit von Mandatsträgern entlastet, da ihnen kein Vorteil als Gegenleistung für eine Handlung bei der Wahrnehmung ihres Mandats versprochen worden war. Daher erhielten sie auch die üppigen Provisionen zurück. 

Bei Tandler geht es um den Verdacht, die Provisionen in Millionenhöhe, die sie bei der Vermittlung von Maskengeschäften mit dem Freistaat Bayern von der Schweizer Firma Emix Trading erhalten hat, nicht korrekt versteuert zu haben. Rund vier Millionen Euro sollen Tandler und ihr Partner an Gewerbesteuer gespart haben, indem sie ihre Firma in den Münchner Vorort Grünwald verlegten. Dabei kocht auch erneut der Umstand hoch, daß beispielsweise das damals CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium mit 5,58 Euro pro Maske mehr als das Doppelte des Durchschnittspreises zahlte. Bayern zahlte 8,90 Euro pro Stück, Nordrhein-Westfalen gar 9,90 Euro. Das bedeute eine „Gewinnspanne von offenbar deutlich über 30 Prozent oder vielleicht sogar noch mehr“, berechnet die Süddeutsche Zeitung und merkt an, eine solch hohe Gewinnspanne sei aber nicht normal.Das findet auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Florian Siekmann, Vizevorsitzender des nun gebildeten Untersuchungsausschusses „Maske“ im Bayerischen Landtag, der sich unter dem Vorsitz des früheren bayerischen Justizministers Winfried Bausback (CSU) am 14. Januar zu seiner ersten Arbeitssitzung treffen wird.

Siekmann ist der festen Überzeugung, daß noch längst nicht alle Maskengeschäfte aufgedeckt sind, zu verlockend war es für manche, bei Geschäften mit der Regierung maximalen Profit zu erzielen. 234 Punkte enthält der derzeitige Fragenkatalog. Der Untersuchungszeitaum umfaßt fünf Jahre.

„Mit welcher Profitgier hier in der pandemischen Notlage vorgegangen wurde, läßt mich fassungslos zurück“, so Siekmann im Bayerischen Rundfunk. Tandler habe wohl aus den CSU-Beziehungen soviel wie möglich rausholen und dabei noch den höheren Münchner Gewerbesteuersatz umgehen wollen. Der parlamentarische Untersuchungsausschuß soll jedenfalls alle möglichen Beteiligungen von Abgeordneten bei den Maskengeschäften der Staatsregierung und die hohen Provisionszahlungen an Parlamentarier genau ausleuchten.