© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/21 - 01/22 / 24. Dezember 2021

Meldungen

Bundesanwälte: Hanau-Ermittlungen eingestellt 

Karlsruhe. Die Bundesanwaltschaft hat das gegen Unbekannt geführte Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den Morden von Hanau im Februar 2020 eingestellt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß der Attentäter Tobias R. Mittäter oder Mitwisser hatte, teilte die Behörde am vergangenen Donnerstag mit. R. hatte neun Shisha-Bar-Gäste zumeist ausländischer Herkunft und anschließend seine Mutter ermordet, bevor er sich selbst tötete. Die Tat wurde allgemein als rassistisch motiviert beschrieben. Allerdings war der Täter zudem psychisch gestört und hatte in einem Video von angeblichen unterirdischen Militäreinrichtungen in den USA geredet, in denen Kinder mißbraucht würden und dem Teufel gehuldigt werde. (vo)





Rechtsgutachten: Gender-Pflicht für Behörden 

HANNOVER. Die Berliner Rechtswissenschaftlerin Ulrike Lembke hat den Gebrauch von Gender-Sprache in Behörden nicht nur als zulässige Möglichkeit, sondern als eine aus dem Grundgesetz abgeleitete Pflicht bewertet. Der Auftrag zur „sprachlichen Nichtdiskriminierung besteht von Verfassung wegen und kann durch gesetzliche Regelungen oder durch Verwaltungsvorschriften, Erlasse und Weisungen konkretisiert werden“, heißt es in einem von der Stadt Hannover in Auftrag gegebenen Gutachten der Juristin, das der FAZ vorliegt. Hintergrund ist die Diskussion über Sprachvorgaben in der Verwaltung der niedersächsischen Hauptstadt. Die hatte beschlossen, sich künftig nur noch „geschlechtsumfassend“ auszudrücken und Begriffe wie „Rednerpult“ oder „Wähler“ durch die Formulierungen „Redepult“ und „Wählende“ zu ersetzen. Auch auf die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ sollten Mitarbeiter verzichten, um Personen nicht zu diskriminieren, die sich nicht als Mann oder Frau identifizieren. Infolgedessen hatten viele Bürger Zweifel daran geäußert, ob die Entscheidung der Verwaltung überhaupt rechtmäßig sei, weil Gender-Sprache gegen die deutsche Grammatik verstoße. Lembke stützt sich bei ihrer Einschätzung auf Artikel 3 des Grundgesetzes, in dem es unter anderem heißt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Die Professorin, die auch Gender Studies lehrt, sieht darin den Auftrag zu einer „überfälligen De-Privilegierung“ von Männern. „Das Grundrecht auf Gleichberechtigung ist ein zugunsten von Frauen wirkendes, antipatriarchales Verbot, von der gesellschaftlich dominanten Gruppe der Männer unterdrückt zu werden“, führt Lembke in ihrem Gutachten aus. Der Staat müsse durch den Gebrauch von Gender-Sprache zu einer „gerechten Gestaltung der Geschlechterverhältnisse“ in der Gesellschaft beitragen und habe die Pflicht, sich „geschlechtergerecht“ auszudrücken. Urteile, die Gender-Sprache in der Vergangenheit eine Absage erteilt haben, hält Lembke für falsch. So hatte etwa der Bundesgerichtshof einer Sparkasse gestattet, weibliche Kunden auf den Formularen als „Kontoinhaber“ zu adressieren, weil das generische Maskulinum auch Frauen einschließe. Durch die grammatische Kollektivform werde das marginalisierte weibliche Geschlecht weiterhin strukturell unsichtbar gemacht, kritisiert Lembke. Seit März 2020 ist Lembke Richterin am Verfassungsgericht Berlin. Die Fraktion der Linkspartei des Landes hatte sie für den Posten nominiert. (zit)

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