© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/21 - 01/22 / 24. Dezember 2021

Fehler der Woche
Kreuz mit dem Kreuz
Christian Vollradt

Zwei hin, eins im Sinn. Der kleine Merkspruch fürs schriftliche Addieren mag dem einen oder anderen Christdemokraten bei der Bundesversammlung im kommenden Februar wieder einfallen. Denn dorthin entsendet die Partei zwar allerhand Mitglieder aus Bundestag und Landtagen – aber mindestens ein Mitglied nur im Sinn, also nicht real. Obwohl es anders sein könnte. Die Lücke erklärt sich vor allem durch eine Panne im niedersächsischen Landtag. Dort ist man zunächst einmal von der Regel abgewichen, eine von allen Fraktionen gemeinsam gebildete Liste der 73 Wahlleute aufzustellen, die für die Kür des Bundespräsidenten aus Hannover nach Berlin entsandt werden sollen. Der Grund: Weder die Koalitionäre SPD und CDU noch Grüne und FDP wollten vorab mit den Vertretern der AfD im Landtag Absprachen treffen. Deswegen wurden sechs verschiedene Wahllisten eingereicht; je eine der genannten Fraktionen plus je eine der noch verbliebenen AfD-Abgeordneten und derjenigen, die mit der früheren Fraktionsvorsitzenden Dana Guth die Partei verlassen hatten. Dieses neue Verfahren stiftete offenbar so viel Verwirrung, daß das Ergebnis am Ende nicht so ausfiel, wie es den Größenverhältnissen im Landtag entsprochen hätte. Die SPD stellt nun 31 Vertreter anstatt wie erwartet nur 30, die CDU indes 26 statt 27, Grüne und FDP jeweils sieben anstatt je sechs. Die Gruppe um Guth bekam so viele Stimmen, daß sie zwei Vertreter hätte entsenden können, nominierte aber nur einen. Und die AfD-Gruppe stellt statt dreier Mitglieder in der Bundesversammlung nur eines. Wie es heißt, haben vier CDU-Abgeordnete bei der Wahl nicht nur ihre eigene, sondern auch die  SPD-Liste angekreuzt und so ungültig gewählt. Und nun? Ultra posse nemo obligatur, trösten sich Juristen und die alten Römer: Unmögliches zu leisten, kann niemand verpflichtet werden.