© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/21 - 01/22 / 24. Dezember 2021

Joe Bidens grünes Billionenpaket fürs Weltklima vorerst gestoppt
Widerstand aus West Virginia
Thomas Kirchner

John Kerry, jahrzehntelang Senator für den reichen Ostküstenstaat Massachusetts, dann Barack Obamas Außenminister und nun Klimagesandter der US-Regierung, traf sich kürzlich in Brüssel mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Bei dem Treffen ging es um den geplanten „Klimaclub“ und den CO2-Grenzausgleich (JF 26/21). Joe Manchin, Ex-Gouverneur und seit 2010 Senator für West Virginia, hat andere Sorgen als sein Parteifreund.

Steinkohleförderung macht fünf Prozent der Wirtschaftsleistung und 60 Prozent der Unternehmenssteuern im – nach dem Pro-Kopf-Einkommen – zweitärmsten US-Bundesstaat aus. Ein Kohlekumpel verdient hingegen rund die Hälfte mehr als der Durchschnittsamerikaner, und das bei unterdurchschnittlichen Lebenshaltungskosten. Donald Trump bekam im „Mountain State“ 2016 und 2020 eine Zweidrittelmehrheit. Entsprechend hoch ist der Druck auf den Demokraten Manchin, sich von „grüner“ Politik zu distanzieren. Von ursprünglich 3,5 Billionen Dollar war Joe Bidens Klima- und Sozialpaket bereits auf 1,75 Billionen eingedampft worden. Doch Mitarbeiter des Weißen Hauses haben den zwischen Biden und Manchin ausgehandelten Kompromiß wieder geändert. Manchin fühlte sich hintergangen – und wegen des Patts im US-Senat kann das Paket ohne Manchin nicht verabschiedet werden. Er bot als Kompromiß Änderungen an, die seinen konservativen Wählern gefallen: eine Generalüberholung des komplizierten US-Steuerrechts, Senkung der Kosten von Medikamenten und eine Reduzierung des Kindergelds für Haushalte mit mehr als 200.000 Dollar Einkommen.

Doch die Umsetzung ist praktisch unmöglich. Medikamente zu verbilligen versuchten schon Bidens Amtsvorgäner – mit mäßigem Erfolg. Die Einkommensgrenze ist brisant, weil Biden versprochen hat, niemanden unter 400.000 Dollar schlechter zu stellen. Und eine Vereinfachung des Steuerrechts ist noch unwahrscheinlicher als eine Kolonisierung des Planeten Mars. Manchin hat sich als kompromißbereiten Realisten inszeniert, an dem keine Schuld hängenbleibt. Linksaußen bei den Demokraten schmollt unterdessen Alexandria Ocasio-Cortez, medial hofierte New Yorker Kongreßabgeordnete. Doch das Scheitern des „linken“ Ausgabenpakets macht sie zum Verlierer im parteiinternen Konflikt mit Manchin.