© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/21 - 01/22 / 24. Dezember 2021

Die starke Kunst eines „Nazis“ und „schlechten Menschen“
Emil Nolde und der Norden
(wm)

Kathrin Baumstark, Leiterin des Bucerius Kunstforums in Hamburg, „zeigt Gesicht“, wenn es um Emil Nolde (1867–1956) geht: „Er war ein Nazi, Hitler-Verehrer, Antisemit, Rassist.“ Das stehe quasi amtlich fest seit der 2019 in der Berliner Nationalgalerie präsentierten, von reichlich „Haß & Hetze“ des Antifa-Feuilletons begleiteten Schau „Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“. Trotzdem widerstand die Kunsthistorikerin nicht der Verlockung, abermals kräftig nachzutreten mit ihrer im Kunstforum gerade eröffneten Ausstellung „Nolde und der Norden“, die mit der „autobiographischen Lüge“ des Nordschleswigers aufräumen soll, ein Maler ohne Vorbilder gewesen zu sein. Da der junge Nolde dunkle Farbtöne bevorzugte, in Anlehnung an Dürer und Rembrandt, den einzigen Meistern, in deren Nachfolge er sich stellte, konnte er seine um 1900 vollzogene Wende zum hellfarbigen Stil als Schöpfung eines Originalgenies inszenieren. Tatsächlich habe er seine „große Fähigkeit, Licht zu malen“, in Kopenhagen bei dänischen Impressionisten wie Peder Severin Krøyer, einem „Superstar der Malerei“, frech „abgekupfert“, ohne deren Einfluß zu offenbaren. Nur diese verschwiegene Rezeption dänischer Maler mache die für Nolde so typische Farb- und Lichtharmonie jedoch verständlich. Trotzdem könne man sein Werk nun nicht „einfach im Giftschrank verstecken“. Denn Nolde sei zwar „ein schlechter Mensch“, schuf aber „starke Kunst“. Wollte „ich immer nur gute Menschen ausstellen“, schränkt Baumstark den Hypermoralismus ihrer Zunft ein,  „hätte ich hier leere Räume“ (Schleswiger Nachrichten vom 9. Dezember 2021). 


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