© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/21 - 01/22 / 24. Dezember 2021

„Prager Frühling“: Bloß keine Rückkehr zum Kapitalismus
Panzer gegen Reformsozialisten
(dg)

Auf den ersten Blick ist Peter Brandts Aufsatz über den „Tschechoslowakischen Reformsozialismus und sein Ende“ eine Erinnerung an den 100. Geburtstag von Alexander Dubček, der sich am 27. November jährte (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 11/2021). Aufmerksameren Lesern dürften aber die zart angedeuteten Parallelen zwischen der militärischen Intervention, mit der Moskau am 21. August 1968 dem „Prager Frühling“ ein militärisches Ende setzte, und den gegenwärtigen Querelen zwischen der US-geführten Nato, der Ukraine und Putins Rußland nicht verborgen bleiben. Auch 1968 sah sich die Sowjetunion geopolitisch herausgefordert. Besonders gefährlich schien aus Kreml-Sicht die „Ansteckungsgefahr“,  von dem Prager Wagnis des „demokratischen Sozialismus“ für die benachbarte „Sowjetrepublik Ukraine“ ausging. Doch wäre das nicht gleichbedeutend gewesen mit der befürchteten Implosion des Ostblock-Systems. Denn in der ČSSR war die Kommunistische Partei stets Trägerin sozialer Hoffnungen. Noch im April 1968´waren 67 Prozent der Tschechen und Slowaken der Ansicht, der vom Kommunisten Dubček eingeleitete liberale Wandel werde dauerhaft sein, und im Juli sprachen sich 86 Prozent für seinen Reformkurs anstelle einer Rückkehr zum Kapitalismus aus. 


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