© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/22 / 07. Januar 2022

Neuauflage der Woche
Zweifelhaft vielfältig
Lukas Steinwandter

Wenn etwas als „eigentlich eine gute Idee“ gelobt wird, ist Vorsicht geboten. Und so setzte der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck auch gleich mit einem „aber“ nach und attestierte der Berliner Polizei-Führung eine „schlimme Fehlleistung und das Gegenteil von Diversity-Kompetenz“. Was war passiert. Es ging – nicht ungewöhnlich kurz nach Neujahr – um einen Kalender, aber um einen besonderen. Nämlich den „Kalender der Vielfalt 2022“, herausgegeben von Berlins Ordnungshütern. Auf dem verzeichneten die Damen und Herren Schutzmann/ -frau nicht nur Aschermittwoch und den Tag der Deutschen Einheit, sondern auch das vietnamesische Neujahrsfest, den Beginn des Ramadan, den amerikanischen Nationalfeiertag, den Internationalen Tag des älteren Menschen und einige mehr. Zu diesem Mehr gehörte auch der sogenannte Al-Kuds-Tag, einst ausgerufen vom iranischen Revolutionsführer Ajatollah Ruhollah Chomeini zur Mahnung, Israels Hauptstadt Jerusalem „zurückzuerobern“. In Berlin waren auf Demonstrationen an diesem Tag in den vergangenen Jahren immer wieder antisemitische und islamistische Parolen skandiert worden. Der Al-Kuds-Tag sei ein „Tag von Haß und Hetze“, empörte sich Beck. Israel-Haß und Antisemitismus dürften nicht als Teil der Vielfalt akzeptiert werden. In dem Kalender seien neben wichtigen Gedenk- und Feiertagen auch „einsatzrelevante Tage“ verzeichnet, versuchte sich Berlins Polizei zu rechtfertigem, als die B.Z. die Sache am Montag öffentlich machte. Noch am Abend teilte man dann mit, den „Kalender der Vielfalt“ zu überarbeiten. Das mit dem Al-Kuds-Tag hätte nicht passieren dürfen, so Polizeisprecher Thilo Cablitz. Künftig werde es zwei Kalender geben, einen ausschließlich mit Gedenk-, einen mit einsatzrelevanten Tagen. Wenn das keine Vielfalt ist …