© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/22 / 07. Januar 2022

Freiheitsgewinn ökologischer Lebensformen bewerben
Mehr Mut zum grünen Liberalismus
(ob)

Die „grassierende Schwindsucht der westlichen Demokratien“, so resümiert der Politologe Jens Hacke (München) die Entwicklung seit Ende des Kalten Krieges, lasse wenig Hoffnung übrig, daß ausgerechnet die schwankende Stimmung des labilen Souveräns „Volk“ wesentliche Menschheitsprobleme wie die näherrückende „Klimakrise“ in den Griff bekommen solle. Das sei jedoch kein Grund, sich in den Nationalismus zurückzuziehen und sich gegen die Krisenregionen der Welt wie gegen die von dort nach Europa dirigierte Völkerwanderung abzuschotten (Blätter für deutsche und internationale Politik, 12/2021). Um sich aus dem eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen, müßten sich die heutigen Demokratien nur auf das mentale Kraftzentrum besinnen, das ihre einstige Stärke ausgemacht habe: „den Glauben an sich selbst“. Darin lägen gerade für die jetzt in die Ampel-Koalition eingestiegene FDP, die mit den Grünen „die liberale Mitte“ der Gesellschaft bilden, die Chance, einen sozialökologisch verantwortlichen, „mitfühlenden Liberalismus“ zu kreieren. Das bedeute den Abschied vom Image der „Wirtschaftspartei“ und deren „kühler Modernisierungsrationalität“. Stattdessen sollte sie den „Freiheitsgewinn ökologischer Lebensformen bewerben“. Das verlange den Mut, sich von den Glaubenssätzen des „materiell-hedonistischen Freiheitsbegriffs“ zu lösen und Wählern mit „positiven Gegenbildern“ vom ethischen ökonomischen Handeln einen Bewußtseinswandel und nachhaltigeren Lebensstil zuzumuten. So könnte der liberale „Traum der Selbstverbesserung“ in Erfüllung gehen, um die Existenzkrise des demokratischen Systems zu beenden. 


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