© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/22 / 07. Januar 2022

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Zur Jahresanfangslektüre soeben eingetrudelt ist der dritte Band einer Buchreihe um den legendären Berliner Kriminalisten Ernst Gennat (1880–1939). Nach einem abgebrochenen Jurastudium seit 1904 im preußischen Polizeidienst, gilt er als Begründer einer zentralen Mordinspektion innerhalb der Kriminalpolizei; sie nahm am 1. Januar 1926 ihre Arbeit auf. Gennat, wegen seiner Leibesfülle auch „Buddha der Kriminalisten“ genannt, führte fortschrittliche Ermittlungsmethoden ein und war bekannt für seine psychologisch geschickten Verhöre. Die Aufklärungsquote seiner Mordinspektion lag bei knapp 95 Prozent. Ein publizistisches Denkmal setzte dem erfolgreichen Kriminalchef die Berliner Historikern Regina Stürickow mit ihren biographischen Büchern „Der Kommissar vom Alexanderplatz“ (1998) und der überarbeiteten Neuauflage „Kommissar Gennat ermittelt. Die Erfindung der Mordinspektion“ (2016). Belletristisch verewigt ist er bereits unter anderem in den Gereon-Rath-Krimis von Volker Kutscher, in Philip Kerrs „Metropolis“ und in Stürickows Gennat-Krimis. In deren Mittelpunkt steht der junge Reporter Max Kaminski, der spektakulären Kriminalfällen auf der Spur ist, in denen Ernst Gennat ermittelt. Den ersten beiden Bänden, „Kommissar Gennat und der BVG-Lohnraub“ und „Kommissar Gennat und die Tote im Reisekorb“, folgt nun „Kommissar Gennat und der Anschlag auf den Orientexpress“. Darin geht es um einen 1931 in der Nähe der Kleinstadt Jüterbog bei Berlin entgleisten Zug und eine anonyme Geldforderung – mit einem Anhang zum tatsächlich historisch verbürgten Kriminalfall.

Corona-Regelungsblüten erinnern inzwischen  zuweilen an Werbung fürs Auto-Tuning.

Was wohl wünscht sich eine Autorin und Feministin wie Sibylle Berg, die ihre Geschlechtsidentität auf der eigenen Netzseite als „non-binär“ bezeichnet, für dieses neue Jahr? Richtig: „Daß keines auf der Welt sich für die Norm hält, und jedes die anderen in Ruhe läßt.“ So hat sie es in ihrer Spiegel-Kolumne am 1. Januar geschrieben und mit diesen Indefinitpronomen im Neutrum einmal mehr bewiesen, wie gaga diese Gendersprache ist.

Die Corona-Politik treibt immer neue Regelungsblüten hervor, die inzwischen freilich zuweilen eher an Werbung fürs Auto-Tuning erinnern. So galt Ende Dezember für den Besucherzutritt in die Wiener Staatsoper die Richtlinie „1G-Booster-Plus“. Geholfen hat es jedoch nicht. Am Neujahrstag teilte das Opernhaus mit, daß alle Vorstellungen bis zum 5. Januar aufgrund mehrerer Omikron-Fälle in den künstlerischen Gruppen abgesagt werden mußten. Freuen dürfen sich Opernliebhaber dafür auf eine Fernsehübertragung von Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ aus der Wiener Staatsoper auf Arte am kommenden Sonntag (9. Januar, 23.20 Uhr). Die Inszenierung des russischen Regisseurs Kirill Serebrennikov feierte im April vorigen Jahres Premiere, dirigiert von Philippe Jordan. Den Titelhelden verkörpert Jonas Kaufmann, die lettische Mezzosopranistin Elīna Garanča gibt ihr Kundy-Debüt. Wolfgang Koch als Klingsor, Ludovic Tézier in der Rolle des Gralskönigs Amfortas und Georg Zeppenfeld als Ritter Gurnemanz komplettieren die Besetzung.