© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/22 / 07. Januar 2022

Erinnerungspolitische Wende gegen die multikulturelle Bundesrepublik
Alarmrufe gegen rosiges Licht
(fe)

Natürlich nicht weltanschaulich, aber habituell wandelt der Marburger Historiker Eckart Conze auf den Spuren seines im Mai 1945 geendeten Kollegen Walter Frank. Definierte der NS-Chefhistoriker sein Fach doch als politisch engagierte „kämpferische Wissenschaft“. Darum „kämpft“ Conze unentwegt an allen Fronten gegen die „Renationalisierung“ des deutschen Geschichtsbildes. Aktuell bewährt er sich dabei in der „Hohenzollern-Debatte“ als publizistischer Chorführer der Gegner einer Entschädigung für das durch die Sowjetbesatzer 1945/46 enteignete einstige Herrschergeschlecht (JF 51/21). Davon zeugt auch sein jüngster Alarmruf zur „Erinnerungskulturellen Rechtswende“, die das „friedliche Miteinander der Kulturen im weltoffenen Deutschland“ bedrohe (Blätter für deutsche und internationale Politik, 12/2021). Sie werde, inspiriert von Historikern wie Christopher Clark und Hedwig Richter, die das Reich von 1871 in „rosiges Licht“ tauchten und dessen den NS-Staat determinierende Strukturen vernebelten, nun von der AfD orchestriert. Es passe ins Bild, wenn, mitten in „Dynamiken von Migration, Klimawandel, Pandemie“, wieder Halt im Nationalstaat gesucht werde und die Partei verspreche, sich gegen die faktenwidrige Schmähung des Kaiserreichs als „rückständiger Unrechtsstaat“ einzusetzen. 


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