© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/22 / 07. Januar 2022

Umwelt
Zu heiß, oder zu kalt?
Paul Leonhard

In der Arktis ist mit +38 Grad Celsius ein neuer Hitzerekord verzeichnet worden. Die Meldung ging vor Weihnachten durch Medien. Doch das bezog sich auf Juni 2020. Neu war lediglich, daß die in Werchojansk gemessene Temperatur endlich von der Weltwetterorganisation (WMO) anerkannt wurde. Üblich sind in der Kleinstadt im sibirischen Jakutien im Juni +7,3 bis +20,6 Grad. Im Januar sind -47,7 bis -41,6 Grad normal. Ein weiterer Beweis für den menschengemachten Klimawandel? Vielleicht – aber deutsche und japanische Kriegsgefangene litten unter dem dortigen Kontinentalklima schon vor 70 Jahren. Doch im Sommer auftauende Permafrostböden in Alaska oder Sibirien sind keine Greta-Phantasien. Und da die Erwärmung laut Arktischem Rat hier dreimal so schnell erfolge wie im globalen Durchschnitt, sprach WMO-Generalsekretär Petteri Taalas von „Alarmglocken für den Klimawandel“.

Einzelne Rekordtemperaturen sind kein Beweis für den menschengemachten Klimawandel.

Andere Rekorde kommen aus der Antarktis. An der russischen Forschungsstation Wostok wurden am 1. Oktober 2021 -79,4 Grad gemessen – da friert selbst Spezialkerosin ein. Das ist kälter als die mittlere Mars-Temperatur (-63 Grad). Ursache war ein starker Polarwirbel. Für einen Weltrekord hat es aber nicht gereicht. Im Juli 1983 wurden -89,2 Grad gemessen – der Allzeitrekord, was die Messungen durch Menschen betrifft. Auf der Nordhalbkugel sind bislang -67,7 Grad der Kälterekord in einem bewohnten Gebiet – gemessen 1892 in Werchojansk und 1933 in Oimjakon. Das ist jenes Dorf in Jakutien, wo von 1941 bis 1945 die US-Flugzeuge für die Rote Armee (Lend-Lease Act) aufgetankt wurden. In der Arktis ist es zwar bitterkalt, aber nie ganz so kalt wie auf dem Eiskontinent Antarktika. Doch auch von der Zone unterhalb des südlichen Polarkreises gibt es eine Alarmmeldung: Am 6. Februar 2020 stieg das Thermometer in der argentinischen Forschungssiedlung Base Antártica Esperanza auf +18,3 Grad. Doch ein Rekord wurde nicht gebrochen: Im Januar 1982 wurden auf Signy Island, einer früheren norwegischen Walfangstation auf den Südlichen Orkney-Inseln, +19,8 Grad gemessen.