© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/22 / 14. Januar 2022

USA und Rußland verhandeln miteinander
Die EU spielt keine Rolle mehr
Albrecht Rothacher

Wie immer wenn er Zeichen von Schwäche sieht, kann der Kreml der Versuchung nicht widerstehen. Nach dem schmählichen Rückzug der Nato aus Afghanistan läßt er wieder 100.000 Mann an den Grenzen zur Ukraine aufmarschieren. Zu wenig für eine richtige Invasion, aber als Drohkulisse reicht es. Rußland verlangt ultimativ Garantien für eine Nicht-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens in der Nato und das Verbot von Waffenlieferungen, sowie von Truppenstationierungen in den östlichen Nato-Staaten. Nun hatte die Ukraine seinerzeit alle Atomwaffen an Rußland im Gegenzug für russische Grenzgarantien ausgeliefert. Was von diesen zu halten war, erlebten wir 2014 mit der Annexion der Krim.

Jetzt verhandeln die USA direkt mit Rußland. Es geht um Raketenstationierungen und um die Beobachtung von Militärmanövern. Eigentlich sollten die Europäer als direkt Betroffene ein Wörtchen mitzureden haben. Doch leider spielen sie durch ihre geschwätzige Uneinigkeit nicht die geringste Rolle. Weltpolitisch ist die EU auf die Rolle von San Marino oder den Vatikanstaat reduziert: Fromme Sprüche, Spenden und hochtrabende Belehrungen zu jedem Thema, geopolitisch jedoch ein Nullwert. Was meinte Victoria Nuland als Obamas Sicherheitsberaterin (und jetztige Unterstaatssekretärin bei Joe Biden) in der Ukraine-Krise von 2014: „Fuck the EU!“ Nicht sehr ladylike bringt es die Einschätzung der Großmächte, die wirklich zählen, auf den Punkt.