© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/22 / 14. Januar 2022

Karin Prien. Die CDU-Linke, die die Fronde gegen Hans-Georg Maaßen führt, könnte in den Parteivorstand aufrücken.
Frontfrau der Progressiven
Hinrich Rohbohm

Sie gilt als Vertreterin des progressiven Unionsflügels: Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien, 1965 in Amsterdam als Nachfahrin vor dem Nationalsozialismus nach Holland geflohener Juden geboren, fungiert als verlängerter Arm des von konservativen Kritikern als „Genossen“ bezeichneten Kieler Ministerpräsidenten Daniel Günther. Und als solcher dürfte sie künftig auch im neuen CDU-Präsidium gelten, sollte sie auf dem Digital-Parteitag am 22./23. Januar zu einer von fünf Vize-Bundesvorsitzenden gewählt werden. 

Um die Gunst der Delegierten zu gewinnen, versucht Prien sich derzeit mit der Ankündigung eines Parteiausschlußverfahrens gegen Hans-Georg Maaßen zu profilieren, der es sich unlängst selbst mit weiten Teilen der konservativen Christdemokraten verscherzt haben dürfte, nachdem er per Twitter einen „Appell“ des Mikrobiologen und Impfkritikers Sucharit Bhakdi verbreitete, in dem dieser Impfungen mit Hinrichtungen verglich.

Schon vor der Bundestagswahl antwortete Prien bei „Markus Lanz“ auf die Frage, ob sie Maaßen wählen würde: „Ich bin von Leistungssportlern immer wieder fasziniert.“ Eine versteckte Aufforderung zur Wahl von dessen SPD-Gegenkandidaten, dem Ex-Biathleten Frank Ullrich. Viele Unionspolitiker empfanden diese Wahlkampfhilfe für den Gegner allerdings als grenzwertig.

Möglicherweise hängt ihre Positionierung als CDU-Linksaußen mit dem Einfluß eines Mitarbeiters zusammen.

Und nun muß sich die 56jährige auch noch mit dem konservativen Friedrich Merz arrangieren. Pikant: Die noch von Kanzlerkandidat Armin Laschet in dessen „Zukunftsteam“ berufene Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht hatte Merz vor der CDU-Mitgliederbefragung im Dezember einen Korb gegeben, wollte sich nicht als „Garnitur“ in dessen Mannschaft einbinden lassen. Doch da Merz als Favorit galt, zeigte sie sich flexibel und baute für alle Fälle vor: Sie könne sich dennoch eine Zusammenarbeit mit ihm gut vorstellen, „schätze“ den Sauerländer sehr und habe „nicht den Eindruck“, daß dieser „einen Rechtsruck will“. Vielmehr sehe sie „durchaus eine erstaunliche Schnittmenge“, ließ sich die einstige studentische Mitarbeiterin des früheren, progressiven CDU-Bundestagsabgeordneten Friedbert Pflüger zitieren. Man kann das als Opportunismus verstehen. Andererseits stammt Prien aus dem CDU-Landesverband Hamburg. Dort habe man sie längst nicht als so weit links stehend empfunden, wie sie sich heute gibt, erzählen selbst konservative Weggefährten von einst.

Möglicherweise hängt ihre heutige Positionierung als CDU-Linksaußen mit Einflüssen ihrer Mitarbeiter zusammen. Ihr Ministeriums-Pressesprecher David Ermes gilt parteiintern als Prien-Flüsterer. Zuvor war er stellvertretender Pressesprecher im merkelianisch geprägten Adenauerhaus und möchte unionsinternem Flurfunk zufolge die Juristin gern auf progressivem Kurs sehen. 

Gleiches hatte Ermes schon Jahre zuvor mit einer anderen CDU-Politikerin im Sinn. 2014 war er als persönlicher Referent einer Düsseldorfer Bundestagsabgeordneten tätig: Sylvia Pantel. Daß sich dieses Vorhaben mit der späteren Vorsitzenden des konservativen Berliner Kreises schwierig gestaltete, kann kaum überraschen. Die Personalie erklärt vielleicht, warum sich Karin Prien 2017 als Mitgründerin der – allerdings inzwischen wieder eingeschlafenen – Gruppe „Union der Mitte“ zur Frontfrau gegen die Konservativen erhoben hatte.