© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/22 / 14. Januar 2022

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Lieb und teuer
Paul Rosen

Immer wieder mittwochs in Sitzungswochen des Bundestages schlägt die große Stunde der Parlamentarischen Staatssekretäre. Dann dürfen diese Politiker, die sich als Vertreter der Bundesminister sehen, in den Ausschüssen des Parlaments Fragen zur Regierungspolitik beantworten oder neue Initiativen vorstellen. Am Nachmittag gibt es eine weitere große Stunde in der Regierungsbefragung beziehungsweise in der Fragestunde des Bundestages. Wenn es ganz besonders gut läuft, dürfen sie am Donnerstag im Plenum selbst zu irgendeinem unwichtigen Vorhaben die Position der Regierung darlegen. 

Eingeführt wurde das Amt der Parlamentarischen Staatssekretäre 1967 in der damaligen Bonner Großen Koalition, als die Minister von zuviel Arbeit entlastet werden sollten und man Politikern die Chance geben wollte, im Staatssekretärsamt für spätere Ministerwürden zu reifen. Das letzte Argument war keines. Denn der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist wohl der beste Beweis, daß seine Staatssekretärstätigkeit im Verkehrsministerium ihn nicht zu einer herausragenden Ministerpersönlichkeit machte. Scheuer konnte sich mit Müh’ und Not über Wasser halten; hätte er nicht die Nibelungentreue seiner bayerischen Parteifreunde genossen, wäre er angesichts der Skandale in seinem Ressort das Amt schnell losgeworden. 

Was die Entlastung der Minister betrifft, zeigt ein Spott aus Bonner Zeiten, was Parlamentarische Staatssekretäre in Wirklichkeit tun: „Sie erledigen für uns die Arbeit, die wir ohne sie nicht hätten“, soll ein beamteter Staatssekretär einmal über seine parlamentarischen Kollegen gesagt haben. Beamtete Staatssekretäre sind die eigentlichen Chefs eines jeden Ministeriums. Während die Minister die politischen Akzente setzen sollen, leiten die beamteten Staatssekretäre den eigentlichen Verwaltungsapparat.

Die Parlamentarischen Staatssekretäre sind in die Behördenhierarchie nicht eingebunden. Sie üben ihr Bundestagsmandat weiter aus. Die Zahl der Parlamentarischen Staatssekretäre ist von ursprünglich sieben immer weiter gewachsen. In der neuen Ampelkoalition hat sie mit 37 eine Rekordmarke erreicht (JF 2/22). Im letzten Kabinett Angela Merkels waren es 35 gewesen, 1998 gab es erst 28. 

Die Kosten sind enorm. Die Parlamentarischen Staatssekretäre erhalten für ihre überwiegend aus dem Vorlesen von im Ministerium geschriebenen Papieren bestehende Tätigkeit ein monatliches Gehalt von 12.642 Euro. Vom Bundestag bekommen sie dazu noch Diäten, die allerdings wegen des Zusammentreffens mit den Amtsbezügen auf die Hälfte (5.007 Euro plus Kostenpauschale) reduziert werden. Kostenpauschalen, Bürokosten sowie Kosten für Dienstwagen mit Fahrer werden mit 500.000 Euro pro Jahr angegeben. 

Daß auf Parlamentarische Staatssekretäre verzichtet werden kann, zeigte die vorige Verteidigungsministerin, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Als ihr Parlamentarischer Staatssekretär Peter Tauber (CDU) aus Gesundheitsgründen vorzeitig aus dem Amt ausschied, setzte die Ministerin keinen Nachfolger ein. Die Vakanz fiel nicht auf.