© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/22 / 14. Januar 2022

Aus den Kolonien: Der rassistische Versuch, die Vielweiberei abzuschaffen
Diskriminierte Sklavenhalter
(ob)

Seit über zehn Jahren beackert die Juniorprofessorin Ulrike Schaper (FU Berlin) das mit ihrer Dissertation über „Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Herrschaft“ in der reichsdeutschen Kolonie Kamerun 2012 erstmals unter ihren Pflug genommene, überschaubare Forschungsfeld „koloniale Geschlechtergeschichte“. Noch ihr laufendes Projekt zum „westdeutschen Sextourismus nach 1968“ spürt Spätwirkungen des europäischen Kolonialismus nach, um dem Narrativ von weißen Tätern und schwarzen Opfern zu folgen. So wie in ihrem jüngsten Aufsatz über „Mehrehen als Problem kolonialer Politik und christlicher Mission“ (Werkstatt Geschichte, 2/2021). Auch die wilhelminische Kolonialverwaltung habe sich, etwa in Kamerun, dadurch schuldig gemacht, daß sie die dort weit verbreitete Polygamie im Namen von „Vernunft, Humanität und Sittlichkeit“ bekämpfte, um „rückständige“ Stammeskulturen zu zivilisieren. Diese Versuche, das bürgerliche Ehe-Ideal der Monogamie durchzusetzen und die Selbstbestimmung afrikanischer Frauen zu fördern, offenbart für die extreme Kulturrelativistin Schaper aber gerade da „rassistische Stereotype“, wo sie sich gegen Polygamie, Muslime und Sklaverei gleichermaßen richten. Dadurch seien polygame islamische Sklavenhaltergesellschaften abgewertet und „rassifiziert“ worden. 


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