© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/22 / 14. Januar 2022

Der Katholizismus im Raum der Unterwerfung
Weimarer Lektionen
(dg)

Als der Historiker Peter Gay 1968 seine das Bild von „Geist und Kultur der Weimarer Zeit 1918–1933“ fortan prägende Arbeit über „Die Republik der Außenseiter“ vorlegte, habe er die einflußreichsten dieser Außenseiter neben „Kosmopoliten, Demokraten und Juden“ schlichtweg vergessen: die ein Drittel der Bevölkerung ausmachenden Katholiken. Erinnerungspolitisch, so klagte die im Zentralkomitee der Katholiken sitzende Historikerin Birgit Aschmann (HU Berlin), sei dadurch der Irrweg, der den deutschen Katholizismus in NS-Nähe brachte, in der alten Bundesrepublik nicht hinreichend aufgearbeitet worden (Herder-Korrespondenz, 9/2021). Der „autoritäre Habitus“, der schon vor 1933 im Raum der „maskulinisierten“, das Laien-Engagement von Frauen auf „natürliche Mütterlichkeit“ begrenzenden Kirche primär „Unterwerfung und Gehorsam“ verlangte, lebte daher ungebrochen fort. Erst seit den 1960ern sei realisiert worden, daß „bedingungsloser Gehorsam den Nationalsozialismus ermöglicht hat“. So attraktiv „Unterwerfung“ theologisch und psychologisch sein mag, so „toxisch“ habe sie sich für Politik und Gesellschaft erwiesen. Wie aktuell auch die „Mißbrauchskrise“ zeige. An ihr lasse sich studieren, wie notwendig es sei, die katholische Kirche weiter zu „demokratisieren“. 


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