© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/22 / 21. Januar 2022

Grünes Licht für Abtreibungen
Lebensschutz: Ampelkoalition setzt ihr erstes gesellschaftspolitisches Projekt um und kippt das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche
Zita Tipold

Eine theoretische Mehrheit dafür gab es schon in der vorigen Legislaturperiode. Doch da waren die Sozialdemokraten in die Koalitionsdisziplin mit der Union eingebunden. Das ist bekanntlich vorbei. Als Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zu Beginn dieser Woche ankündigte, man werde den Paragraphen 219a des Strafgesetzbuches, das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen, ersatzlos streichen, jubelte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert: Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen sei keine „ideologische Angelegenheit“, sondern diene dem Schutz ihrer Gesundheit. Mit einem Seitenhieb verwies der Sozialdemokrat auf die Unionsparteien: „Mit CDU und CSU ging das nicht. In der Ampel schon. Gut so!“ 

Den Gesetzentwurf seines Hauses begründete Buschmann damit, daß „sachliche Informationen von Ärzten über einen Schwangerschaftsabbruch nicht länger strafbar sein“ sollen. „Frauen, die einen Abbruch ihrer Schwangerschaft erwägen, befinden sich in einer schmerzhaften Lebenssituation. Wir dürfen sie nicht noch erschweren“, so der FDP-Politiker. Derzeit ist es laut Gesetz verboten, solche Eingriffe „anzubieten, anzukündigen oder anzupreisen, um dadurch einen finanziellen Vorteil zu erlangen“. 

„Reklame für straffreies Töten ungeborener Kinder“

Dagegen dürfen Ärzte auf ihren Internetseiten darauf hinweisen, daß sie Abtreibungen vornehmen und weitergehende Informationen verlinken, wie sie etwa bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu finden sind. Überdies ist eine Liste der Bundesärztekammer mit Praxen, die solche Eingriffe vornehmen, frei einsehbar. 

Lebensschützer befürchten mit der Streichung des Paragraphen 219a einen erhöhten Druck auf Schwangere. So auch die Initiatoren des Projekts „1000plus“ des Vereins ProFemina, das Frauen unterstützt, die aufgrund ihrer Schwangerschaft Konflikten ausgesetzt sind. „Wenn Abtreibungen leichter verfügbar werden und Werbung möglich wird, wird das die Stimmen jener stärken, die Schwangere in Not zu diesem Schritt drängen möchten“, mahnen sie. Beratung und Hilfe würden erschwert, wenn solche Eingriffe immer mehr zur „Lösung“ einer ungeplanten Schwangerschaft würden.

Das Aktionsbündnis „Demo für alle“ appelliert indes an die Oppositionsparteien, gegen das Vorhaben zu protestieren. Die „Kultur des Todes“ schreite weiter voran und werde das Leben vieler unschuldiger Kinder fordern. Auch die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) Cornelia Kaminski, kritisierte, dadurch werde „das ohnehin in Teilen der Gesellschaft unterentwickelte Bewußtsein für das Lebensrecht ungeborener Menschen weiter untergraben“.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker mahnte, neben dem Selbstbestimmungsrecht der Mutter dürfe auch das Leben des ungeborenen Kindes nicht aus dem Blick geraten. Das häufig genannte Argument, Paragraph  219a unterdrücke Information, sei überdies schlicht falsch. Mit zwei, drei Klicks erhalte man über alles frei zugänglich Auskunft im Internet. Werbung gehe aber darüber hinaus. So könnten Abtreibungen ohne die rechtliche Regelung verharmlost werden.

Für die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, scheint „Buschmanns politische Priorität auf der straflosen Reklame für das Töten ungeborener Kinder zu liegen“. Schwangerschaftsabbrüche als Teil einer „verläßlichen Gesundheitsversorgung“ zu ermöglichen, sei „der Einstieg in die Abschaffung des Paragraphen 218“.